Freitag, 17. Mai 2024
Die 3-6-9-12 Regel

Kinder schützen, damit sie selbständig werden

Wie sollen Kinder im Umgang mit digitalen und sozialen Medien von den Eltern begleitet werden? Ein französischer Medienforscher präsentierte dazu am 1. Nationalen Tag der Medienkompetenz in Fribourg eine einfache Regel.
Die 3-6-9-12 Regel

Professor Serge Tisseron ist Forscher im Bereich neue Medien an der Universität Paris. Die digitalen Technologien führten uns «schonungslos von einer Bücher – in eine Bildschirmkultur», sagte er in Freiburg am 27. Oktober 2011. Insgesamt bedeute dieser Kulturwandel eine «Anthropologie-Revolution». Familien und junge Menschen seien davon in erster Linie betroffen.

Die Regel

Tisseron legte daher Eltern eine einfache Faustregel vor: «Damit das Kind bestmöglich von den Monitoren (Bildschirmen) profitieren kann, ist es notwendig, sie ihm im richtigen Moment anzubieten.» Dafür gebe es Altersrichtlinien, die er in einer Regel zusammengefasst habe und «3-6-9-12» nenne. In der Praxis bedeute diese Regel Folgendes: «Kein Bildschirm unter drei Jahren, keine eigene Spielkonsole vor sechs Jahren, kein Internet (auch nicht beaufsichtigt) vor neun Jahren und kein unbeaufsichtigtes Internet vor zwölf Jahren.»
 
Laut Serge Tisseron sind diese Altersgrenzen notwendig, wenn auch nicht ausreichend. Der Medienforscher unterschied zwei grundsätzliche Massnahmen, um «Kinder zu schützen und den gefährlichen Einfluss auf den jungen Geist zu reduzieren»: Den kontrollierten Zugang zu den Medien sowie die Erziehung bzw. Betreuung.

Lernen, sich selbst zu beschützen

Tisseron betonte dabei: «Kinder müssen beschützt und geleitet werden, doch vergessen wir nicht, dass diese beiden Ziele einem dritten untergeordnet sein müssen: Der Autonomie». Die Erziehung bestehe darin, das Kind beim Erwachsenwerden zu unterstützen. Dieses Ziel müsse über allen anderen stehen. Wichtiger als das Kind zu beschützen, sei ihm beizubringen, sich selbst zu schützen. Denn es müsse sich später im Leben selbst orientieren können. Tisseron: «Um die Kindheit zu schützen, ist daher die Frage des Alters unerlässlich. Dieselbe beschützende Haltung kann in einem gewissen Alter pädagogisch richtig sein und in einem anderen nicht.»

Eltern unterstützen

Der Medienprofessor gab dabei zu bedenken: «Die Gefahren des Internets sind so zahlreich und unvorhersehbar, dass wir nicht von einer Welt träumen können, in der die Kinder keinerlei Gefahren ausgesetzt sind. Wir müssen ihnen daher beibringen, mit allen Risiken umgehen zu können ... mit möglichst vielen Vorsichtsmassnahmen.» Dabei müsse auch die Schule den Eltern Rückhalt geben und Aktivitäten organisieren, die ohne Bildschirm auskommen. Kinder sollten in der Schule auch lernen, mit neuen Medien Sinnvolles zu tun und dies Eltern und Grosseltern vorzeigen. Ausserdem gelte es Begegnungsräume zu schaffen wie Bibliotheken und Mediatheken. Diese Räume dürften auch virtuell geschaffen werden, um reale Begegnungen anzubahnen.

Buch zum Thema:
Thomas Schirrmacher: Internetpornografie – und was jeder darüber wissen sollte

Datum: 03.11.2011
Autor: Fritz Imhof