Monster und Dämonen – schau doch, wie herzig!
«Ich wuchs mit Hongkong-Filmen auf, in denen Jiangshi – gruselige Vampire oder Zombies mit ungepflegtem Haar und blasser Haut - steif ihre Arme ausstrecken und in mörderischer Absicht auf und ab springen» erklärt die US-Autorin Isabel Ong ihre Erfahrungen. «Aber in den jüngsten Trends der asiatischen Popkultur sind diese jenseitigen Kreaturen nicht mehr so furchterregend. Wir beschwichtigen die Monster und zähmen die Dämonen, vermenschlichen sie mit einfühlsamen Darstellungen.» Als Beispiel: «Nehmen wir das pelzige, grossäugige, schelmisch grinsende Spielzeug Labubu, dessen Ursprungsgeschichte auf der nordischen Mythologie beruht. Seine Popularität stieg zuerst in Asien an; seitdem ist es zu einem der begehrtesten Sammlerstücke auf der ganzen Welt geworden» Das Unternehmen, das hinter Labubu steht, hat kürzlich einen 10-stelligen Gewinn erzielt.
Dämonen als Netflix-Hits
Ein anderes Beispiel: der Netflix-Hit «KPop Demon Hunters». Die freche Girlgroup HUNTR/X setzt ihre besonderen Kräfte (und ihren grandiosen Gesang) ein, um die Welt zu beschützen, indem sie den Honmoon - eine magische Barriere, die das Eindringen böser Kreaturen in die menschliche Welt verhindert – durch ihren Gesang aufrechterhält. Die rivalisierende Boyband Saja Boys – fünf stylische Dämonen mit farbenfrohen, perfekt frisierten Haaren - versucht, ihre Fans zu stehlen und den Dämonen die Eroberung der Welt zu ermöglichen.
Was in dem Film am meisten hervorsticht, ist die Darstellung der Dämonen – als Wesen mit widersprüchlichen Gefühlen und dem Wunsch, Gutes zu tun. Rumi, die Anführerin von HUNTR/X, ist halb Dämonin und kämpft damit, herauszufinden, wer sie ist, bis sie sich schliesslich entscheidet, für das Gute zu kämpfen und die Welt zu retten. Jinu ist ein zum Menschen gewordener Dämon, der sich schliesslich opfert, damit Rumi den Dämonenherrscher Gwi-Ma besiegen kann.
Trend zur Vermenschlichung
Natürlich ist diese Neigung zur Vermenschlichung von Dämonen und Monstern nicht neu. Die asiatische Mythologie und Folklore hat ihren eigenen Anteil an verführerischen übernatürlichen Wesen, wie dem chinesischen Fuchsgeist, der oft in Form einer schönen Frau erscheint. Aber solche sympathischen Darstellungen von Dämonen und Monstern sind heute immer weiter verbreitet. Wir haben eine moderne Vorliebe, Monster und Dämonen sicher zu machen – oder niedlich, attraktiv oder moralisch zweideutig. «Die Monster und Dämonen, die heute unser kollektives Bewusstsein erobern, sind nachvollziehbar und humorvoll, vermenschlicht oder tierähnlich in ihrer Mimik, Körpersprache und ihren Handlungen» schreibt Isabel Ong weiter in Christianity Today.
Ein Grund ist sicher, dass unser westliches Denken die Verbindung zum Transzendenten verloren hat. In der Vormoderne lebten die Menschen in einer «verzauberten» Welt, bewohnt von guten und bösen Mächten. Biblisch gesprochen: es gibt Böses und Gutes in einer unsichtbaren Welt. Heute leben wir in einem Zeitalter der «Entzauberung», wie der Philosoph Charles Taylor argumentiert. Wir haben das Jenseits entvölkert. Darum ist nichts mehr gänzlich schlecht oder gänzlich gut.
Was ist gut und was ist böse?
Diese Ausräumung des Jenseits betrifft natürlich auch Gott. Wenn es keinen Gott mehr gibt, wer definiert dann, was gut und was böse ist? Nicht nur in östlicher Mythologie und in K-Pop, auch in westlichen Märchen, in unserer Kultur und Vorstellung hat sich längst eine Verharmlosung und Vermenschlichung des Bösen durchgesetzt. «Häxli», Zauberer und der böse Wolf sind doch niedlich. Es gibt das Böse eigentlich nicht, höchstens als zwiespältiges Gutes.
Gelegentlich sehen wir schaudernd in Abgründe – sei es in einem Krieg oder wenn der nette Nachbar seine Familie umbringt – und eine Ahnung des wirklich Bösen blitzt in uns auf. Aber damit können wir nicht umgehen.
Das Böse ist echt
Die Bibel verwischt nicht die Grenzen zwischen Gut und Böse. Sie berichtet von Dämonen, die im Leben der Menschen Chaos und Verwüstung anrichten - und von einem Gott, der den endgültigen Sieg über diese Mächte hat. Sogar die Dämonen glauben, dass es einen Gott gibt und zittern (Jakobus Kapitel 2, Vers 19). Ausserdem sollen wir die «volle Waffenrüstung Gottes anziehen, denn unser Kampf ist nicht gegen Fleisch und Blut, sondern `gegen die Herrscher, gegen die Mächte, gegen die Gewalten dieser finsteren Welt und gegen die geistlichen Mächte des Bösen in den himmlischen Bereichen` (Epheser Kapitel 6, Verse 10 bis 12).»
Dämonen zu vermenschlichen, ist keine Lösung und kann uns geistlich ambivalent und kraftlos machen – und die untragbare Last auf unsere Schultern legen, die Welt selbst zu erlösen. Es geht der Bibel nicht darum, uns Angst zu machen. Aber wer das wesenhaft Böse leugnet und verharmlost, entkräftet auch das wesenhaft Gute in Gott. Die Kernbotschaft des Neuen Testaments ist: Der Realität des Bösen, von Dämonen und Mächten steht der «viel grössere» Sieg Jesu Christi gegenüber.
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