Plötzlich alleinerziehend

Unterstützung ist für Alleinerziehende enorm wichtig (Symbolbild)
Als ihre Ehe zerbrach, stand Lena Knaack mit zwei kleinen Kindern allein da – verzweifelt und überfordert. Aber sie ist dabei nicht stehen geblieben…

Wenn mir früher jemand gesagt hätte, dass ich mal getrennt und alleinerziehend sein würde, hätte ich das nie für möglich gehalten. Und dann hat mich dieses Schicksal doch mit voller Wucht erwischt. Plötzlich stand ich da mit zwei kleinen Kindern (ein halbes Jahr und drei Jahre alt), und mein Mann war weg. Bevor er seine Koffer packte und auszog, führten wir noch intensive Gespräche. Ich versuchte alles, um zu verstehen, was uns in diese Krise gebracht hatte und um für unsere Ehe zu kämpfen. Organisierte Babysitter, Eheberater… Doch nach zwei Wochen stand seine Entscheidung fest. Er wollte und konnte nicht mehr für unsere Ehe kämpfen und entschied sich gegen mich und für eine andere Frau.

Hilfe!

Ich war fassungslos, verzweifelt und völlig überfordert und wusste sofort, dass ich diese Situation nicht allein bewältigen konnte. Eine der ersten Seiten in einem Tagebuch, welches ich zu dieser Zeit anfing, mit meinen Gedanken zu füllen, hat den Titel: «Was sind meine Ressourcen?» Hier machte ich eine Liste mit Menschen, die ich für die Kinder, den Haushalt, finanziell oder auch beratend unterstützend an meiner Seite wusste. Ohne mein soziales Netzwerk hätte ich diese Krise bei Weitem nicht so gut gemeistert.

So habe ich bald die «Lena-Notfall-Gruppe» bei WhatsApp erstellt. Hier konnte ich zu jeder Tages- und Nachtzeit bei meinen engsten Freundinnen meine Trauer, Wut und Überforderung loswerden. Sie standen wie eine Armee hinter mir und sind diesen Weg mit mir gegangen. Es hat mir sehr gutgetan, Freunde und Familie an meiner Seite zu haben. Mir wird bis heute regelmässig ein warmes Mittagessen vor die Tür gestellt. Oder ich wurde zum Essen eingeladen. Eine Freundin brachte Massageöl mit und hat meine Verspannungen bearbeitet. Eine andere Freundin hat Mann und Sohn zu Hause gelassen, um mit mir Silvester zu feiern. Wenn meine Energie am Ende war, haben Oma und Opa die Kinder abgeholt und ihnen beim Spielen stundenlang uneingeschränkte Aufmerksamkeit geschenkt. Und auch heute noch kommen meine Eltern wöchentlich vorbei und unterstützen mich im Haushalt.

Darüber hinaus war es mir sehr wichtig, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Ich kontaktierte eine Kollegin, die ausgebildete Lebensberaterin ist und auch eine Scheidung erlebt hatte. Neben viel Verständnis und Mitgefühl gab sie mir direkt zu Anfang schon sehr klare Worte mit auf den Weg: «Du musst seine Entscheidung akzeptieren. Du kannst es nicht ändern.» «Es geht dich nichts mehr an, wo er ist und was er macht.» Puh… Das war hart! Wie sollte ich etwas akzeptieren, was ich überhaupt nicht wollte? Ich wusste vorher immer, wo er mit wem unterwegs war – und von jetzt auf gleich hatte ich kein Recht mehr darauf? Ich musste neu für mich definieren, was Akzeptieren bedeutet: Es heisst nicht, etwas gutzuheissen, aber es bedeutet, nicht mehr dagegen anzukämpfen. Ich entschied mich recht schnell dazu, nicht mehr für etwas zu kämpfen, das keine Chance mehr hatte – das hätte mich kaputt gemacht.

Loslassen!

Der einzige Ausweg bestand darin, loszulassen. Dafür brauchte ich sichtbare Schritte: Ich habe all seine Sachen in Taschen gepackt und ihm vor die Füsse gestellt. Ich habe alle Fotos von ihm aus dem Haus verbannt und durch neue ersetzt. Ich habe meinen Ehering von einer Goldschmiedin zu einem «Mama-Ring» umarbeiten lassen. Ich habe gemeinsam mit Freundinnen Erinnerungsstücke verbrannt. Später habe ich mein Kennzeichen erneuert, um den Anfangsbuchstaben seines Namens loszuwerden. Durch all diese praktischen Schritte waren nicht auf Knopfdruck alle Gefühle für ihn weg. Selbst wenn der Kopf etwas entscheidet, kommt das Herz nicht so schnell hinterher – aber es wird mitgezogen, je aktiver man solche Schritte geht. Nach etwa einem Jahr habe ich mich dazu entschlossen, meine Herzenstür für ihn zu schliessen und entschieden, meine Lebensfreude nicht mehr von seiner Entscheidung und seinem Verhalten abhängig zu machen.

Ich habe ausserdem den Kontakt aufs Nötigste reduziert und kommuniziere nur noch auf Elternebene mit ihm. Hier haben wir recht früh festgelegt, was uns wichtig ist für unsere Kinder, dass wir uns gegenseitig nicht schlechtmachen und dafür sorgen wollen, dass die Kinder nicht zwischen den Stühlen stehen und sie sich geliebt fühlen.

Weiter!

Für mich war es sehr wichtig, die Ursachen für unsere Trennung aufzuarbeiten, wodurch ich einige persönliche Entwicklungsschritte gegangen bin. Für mich ist es ein grosses Geschenk, dass ich unsere Trennung als Chance sehen konnte, über mich hinauszuwachsen: Ich mache nichts mehr mit mir selbst aus und bin ehrlich zu mir selbst und anderen – weg mit der Fassade! Ich gucke mehr dahin, was ich brauche und habe gelernt, Grenzen zu setzen. Mein Selbstwert, der durch die Trennung natürlich gelitten hat, ist mittlerweile deutlich stärker. Ich lerne, mich mehr und mehr so anzunehmen, wie ich bin und kann meine Fehler akzeptieren und mich entschuldigen. Tagtäglich übe ich mit meinen Kindern zusammen einen guten Umgang mit Gefühlen. Es macht mich sehr dankbar, dass meine Entwicklung auch schon in der Entwicklung meiner Kinder sichtbar wird.

Das Thema Selbstfürsorge ist für mich überlebenswichtig geworden. Fast zwei Jahre nach der Trennung merke ich, dass mein Akku ziemlich leer ist. Die emotionale Verarbeitung, die Kinder, die Arbeit, das Haus … All das kostet mich sehr viel Energie. Ich muss neu lernen, gute Prioritäten zu setzen, knallhart meine Ansprüche herunterzuschrauben und herauszufinden, was ich brauche, um Energie zu tanken für den weiteren Marathon, der noch vor mir liegt.

Bei der Suche nach einem Wort, das über dem Jahr 2025 stehen soll, hat Gott mir das Wort «Ernten» aufs Herz gelegt. Einige Samen sind schon gesät und manches kann ich sogar schon ernten. Andere angestossene Prozesse werden noch ihre Zeit zum Wachsen brauchen. Tränen fliessen hin und wieder immer noch, aber das ist in Ordnung. Dennoch möchte ich meinen Fokus auf das richten, was in meinem Handlungsspielraum liegt und meinen Lebensgarten frei gestalten. All das wäre so nicht möglich gewesen, wenn ich nicht ein wertvolles soziales Netzwerk hätte. Ich danke Gott, dass er mir so viele grossartige Menschen an meine Seite gestellt hat, die mich auf diesem Weg begleiten!

Lena Knaack wohnt mit ihren zwei Kindern im Sauerland und arbeitet für den christlichen Seminaranbieter team-f. Ähnliche Impulse gibt es im Magazin FAMILY. Infos zum günstigen Jahresabogutschein des Magazins findest du hier.

Hast du Fragen, brauchst du ein offenes Ohr oder Hilfe in deiner persönlichen Situation? Nutze die Angebote der «Livenet-Beratung»: Seelsorge per E-Mail, Gebetsunterstützung und mehr. Weitere Adressen für Notsituationen findest du hier. Du musst in deinen Herausforderungen nicht allein bleiben! 

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Autor: Lena Knaack
Quelle: Magazin Family 06/2025, SCM Bundes-Verlag

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