Zehn ausser-biblische Weihnachts-Überzeugungen
1. Maria ritt auf einem Esel
Filme und Karten zeigen das dramatische Bild von Maria und Josef auf dem Weg nach Bethlehem, wobei Maria auf einem Esel sitzt, den Josef führt. Vielleicht ritt sie tatsächlich auf einem Tier, doch die Bibel nennt kein Verkehrsmittel. Sie könnten zu Fuss gegangen sein oder Hilfe von anderen Reisenden erhalten haben, die Wagen teilten und Frauen, die ihre Männer begleiteten, mitnahmen.
Es ist nichts falsch daran, sich Maria auf einem Esel vorzustellen. Dieses Bild zeigt jedoch lediglich, dass es sich um eine Annahme handelt, die aus alten Vorstellungen stammt.
2. Maria reiste allein, um Elisabeth zu besuchen
Szenen aus manchen Filmen zeigen Maria, wie sie allein aus dem Haus tritt und losgeht. Ein junges Mädchen hätte vermutlich nicht eine Reise ohne Schutz unternommen. Sie wäre aus Sicherheitsgründen wohl eher mit einer Gruppe gereist. Ohne die heutigen Verkehrsmittel hätte eine Reise von über hundert Kilometern ausserdem Übernachtungen erfordert. Alleinreisende waren leichte Beute für Verbrecher.
Die Bibel beschreibt im Lukas-Evangelium Kapitel 1 in den Versen 39 und 40, dass Maria hinreiste, ohne zu detaillieren, ob sie alleine oder mit anderen unterwegs war. «Nicht lange danach machte sich Maria auf den Weg ins Bergland von Juda. So schnell sie konnte, ging sie in die Stadt, in der Zacharias wohnte. Sie betrat sein Haus und begrüsste Elisabeth.»
3. Maria bekam auf dem Weg nach Bethlehem Wehen
Ein weiteres dramatisches Bild aus der Unterhaltungsindustrie zeigt Maria, auf dem Esel sitzend und von Wehen gebeugt. Als sie schliesslich in Bethlehem ankommen, läuft der arme, verzweifelte Josef von Tür zu Tür, um eine Unterkunft für seine schwangere Frau zu finden, die kurz vor der Geburt steht.
Im Lukas-Evangelium, Kapitel 2, Vers 6 steht: «Während sie nun in Betlehem waren, kam für Maria die Zeit der Entbindung.»
Diese Stelle sagt uns, dass Jesus geboren wurde, während sie dort waren – nicht am Tag ihrer Ankunft. Das könnte einige Tage oder sogar Wochen gewesen sein, nachdem sie sich in Bethlehem niedergelassen hatten. Ausserdem wird Josef oft so dargestellt, als habe er die Geburt selbst begleitet. Männer nahmen in der Antike nicht an Geburten teil. Er wäre wohl losgegangen, um eine Hebamme zu holen.
4. Josef stellte Dinge aus Holz her und reparierte sie
Die Bibel bezeichnet Josefs Beruf als Zimmermann. Das weckt das Bild eines Mannes, der Gegenstände und Möbel aus Holz herstellt oder repariert. Abgesehen von Oliven- und Maulbeerfeigenbäumen gab es damals jedoch nicht viel Material für die Holzbearbeitung. Salomo liess Zedern aus dem Libanon holen, um den Tempel zu bauen, weil man dort das beste Bauholz bekam.
Das im Neuen Testament mit «Zimmermann» übersetzte Wort stammt aus dem Griechischen «tekton» und bedeutet allgemein Handwerker oder Bauarbeiter. Josef könnte zwar auch mit Holz gearbeitet haben, doch der Grossteil seiner Arbeit dürfte aus Stein bestanden haben, und vermutlich arbeitete er in der Stadt Sepphoris nahe Nazareth. Felsen, Steine und Höhlen prägen das Land Israel. Dieses Material bot jedem Handwerker reichlich Rohstoffe für sein Gewerbe.
5. Die Herberge war ein Hotel
Das mit «Herberge» übersetzte Wort lässt uns an ein Hotel mit bestimmten Annehmlichkeiten für Gäste denken. Das Wort «katalyma» bedeutet jedoch einfach «Gästezimmer». In der Kultur des Nahen Ostens war Gastfreundschaft eine Selbstverständlichkeit. Reisende wurden häufig in Privathäusern untergebracht, insbesondere bei Verwandten. Josefs Herkunft lag in Bethlehem, und ein Teil seiner Familie könnte dort geblieben sein. Als das Paar ankam, waren all diese Zimmer bereits belegt. Deshalb gab es keinen Platz mehr in den zusätzlichen Räumen.
Die Theorien über den Ort von Jesu Geburt variieren. Manchmal waren Tierställe an Häuser angebaut, in denen man das Vieh nachts zum Schutz unterbrachte – dort könnte das Paar Unterkunft gefunden haben. Auch Hirtenhöhlen boten umherziehenden Pilgern Schutz.
«Sie brachte ihr erstes Kind, einen Sohn, zur Welt, wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Futterkrippe; denn sie hatten keinen Platz in der Unterkunft bekommen.» Lukas-Evangelium Kapitel 2, Vers 7
6. Die Krippe war eine hölzerne Kiste mit Heu
Auch hier haben wir die gängige Vorstellung von Jesus, der in einer mit Heu gefüllten Kiste liegt. Wenn Hirten ihre Herden nachts zusammenführten, sorgten sie für Wasser. Möglicherweise gaben sie den Tieren auch etwas Getreide, doch die Herden frassen tagsüber überwiegend auf den Feldern. Wasser wurde in einer Tränke oder Krippe bereitgestellt, die aus Stein gehauen war. Dies dürfte eher die Beschaffenheit von Jesu Babybett gewesen sein.
«An folgendem Zeichen werdet ihr das Kind erkennen: Es ist in Windeln gewickelt und liegt in einer Futterkrippe.» Lukas-Evangelium Kapitel 2, Vers 12
7. Die Weisen waren Könige
Viele Theologen gehen davon aus, dass die Magier zoroastrische Priester waren, möglicherweise aus dem Gebiet Babylons, wo Daniel und seine drei Freunde von Nebukadnezar gefangen gehalten wurden. Wahrscheinlich waren sie Sterndeuter, die den Himmel studierten. Gott gebrauchte ein wunderbares Licht, um Männer, die ihn nicht kannten, dazu zu führen, den König der Juden anzubeten.
Der Begriff «weise Männer» leitet sich vom griechischen «magos» ab, woraus wir das Wort «Magier» (kurz für Magus) haben.
«Jesus wurde zur Zeit des Königs Herodes in Betlehem, ´einer Stadt` in Judäa, geboren. Bald darauf kamen Sterndeuter aus ´einem Land im` Osten nach Jerusalem.» Matthäus-Evangelium Kapitel 2, Vers 1
8. Es gab drei Weise
Weil im Matthäusevangelium drei Gaben erwähnt werden, haben sich Geschichten von drei Männern entwickelt, die das Christuskind besuchten. Manche Filme haben diesen Männern sogar Namen gegeben, doch die Bibel tut dies nicht. Die Schrift erwähnt die Gaben, sagt aber nichts über die Anzahl der Anbeter aus, die sie brachten. Da das Wort «Männer» verwendet wird, wissen wir lediglich, dass es mehr als einer war.
«Sie gingen in das Haus und fanden dort das Kind und seine Mutter Maria. Da warfen sie sich vor ihm nieder und erwiesen ihm Ehre. Dann holten sie die Schätze hervor, die sie mitgebracht hatten, und gaben sie ihm: Gold, Weihrauch und Myrrhe.» Matthäus-Evangelium Kapitel 2, Vers 11
9. Die Weisen besuchten Jesus an der Krippe
Krippendarstellungen zeigen meist die Weisen, wie sie vor Jesus knien, während er in der Krippe liegt. Hirten umgeben die Familie und bringen Lämmer als Geschenke.
Matthäus Kapitel 2, Vers 11 (vergleiche Punkt 8) sagt uns, dass sie das Kind in einem Haus sahen. Vermutlich war es zu dem Zeitpunkt auch kein Baby mehr, sondern ein Kleinkind, weil bereits eine Zeit vergangen war, seit sie den Stern das erste Mal gesehen hatten und König Herodes liess aus Angst vor einem Thronräuber alle Kinder bis zu zwei Jahren töten (Matthäus Kapitel 2, Vers 16).
10. Maria war eine unverheiratete Mutter
Es wird oft angenommen, Maria habe wegen ihrer Schwangerschaft einen Skandal erlebt. In verschiedenen Übersetzungen werden unterschiedliche Begriffe für den Status der Beziehung zwischen Maria und Josef verwendet, etwa «verlobt» oder «verheiratet». Diese Worte hatten zur biblischen Zeit jedoch eine andere Bedeutung als heute. Verlobungen können heutzutage gelöst werden, doch Verlöbnisse waren bindende Vereinbarungen. Verlobte Paare galten als verheiratet; sie lebten lediglich ein Jahr lang nicht zusammen.
«Josef, ihr Verlobter, war ein Mann mit aufrechter Gesinnung. Er nahm sich vor, die Verlobung aufzulösen, wollte es jedoch heimlich tun, um Maria nicht blosszustellen.» Matthäus-Evangelium Kapitel 1, Vers 19
Wir wissen nicht, wann Gabriel Maria die Nachricht von der bevorstehenden Geburt Jesu überbrachte. Die Botschaft könnte sie kurz vor dem Zeitpunkt erreicht haben, an dem sie und Josef ihre Ehe durch das Zusammenleben endgültig besiegelt hätten. In diesem Fall hätte die Öffentlichkeit angenommen, Josef sei der Vater des Kindes (Johannes-Evangelium Kapitel 6, Vers 42). Vor der Geburt Jesu gingen sie nach Bethlehem, um dem Erlass des Kaisers zu gehorchen. Die Abfolge der Ereignisse könnte den Skandal verhindert haben, der gewöhnlich mit Marias Zustand verbunden gewesen wäre. Da das Verlöbnis von Maria und Josef einer Ehe gleichkam, war sie keine unverheiratete Mutter.
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