20 Jahre Einsatz gegen die Armut Ecuadors
Mehrere Jahre lebte Romy Wacker in Ecuador, einem Land, welches aktuell wegen seiner hohen Kriminalitätsrate im Fokus steht. 2002 gründete sie den Verein «EcuaSur», mit welchem sie der Not im Süden Ecuadors begegnete. Seit ein paar Jahren lebt sie wieder in der Schweiz. Im Livenet-Talk, der vom Hope Business Club präsentiert wird, sprach sie mit Ruedi Josuran.
Von der Gewalt sind alle betroffen
Die aktuelle Situation in Ecuador beschäftigt Romy; auch wenn sie die Geschehnisse nur aus der Ferne betrachten kann. «Wenn man schon seit längerer Zeit nicht mehr vor Ort war, muss man sich auf die Aussagen der Medien verlassen – oder der Freunde, die ich dort noch immer habe.» Es gebe eine grosse Unsicherheit und man fühle sich auch physisch bedroht. «Zu Hause ist man nicht mehr sicher und auch auf der Strasse, in Bus oder Taxi nicht.» Von der Gewalt seien alle betroffen, von den Armen bis zu den Reichen.
Es begann mit dem Wunsch, etwas zu tun
«Ich wollte Spanisch lernen und ich reise sehr gerne», blickt Romy zurück. Im Rahmen eines Bildungsurlaubs reiste sie nach Ecuador, wo sie eine Studie über Integration machte und Einblick in die Entwicklungsarbeit erhielt. «Ich kam in den Süden und merkte: Da gibt es viel Armut. Das berührte mich.» Der Wunsch, etwas zu tun, liess sie auch in der Schweiz nicht mehr los. Doch was sollte sie schon bewegen können? «Ich hatte Gleichgesinnte in meinem Umfeld, die sagten: ‘Wenn du etwas tun willst, dann machen wir das!’»
Romy reiste erneut nach Ecuador und startete mit kleinen Projekten wie einer Töpferei. Damals hatte sie keinerlei Pläne für das, was noch kommen sollte. Irgendwann gab es riesige Projekte und grosse Geldbeträge kamen durch Spenden zusammen. Schulen wurden gebaut, Landwirtschaftsprojekte lanciert und Hilfe zur Selbsthilfe geboten. Die Einheimischen waren sehr dankbar und packten mit an und irgendwann arbeiteten sie sogar mit Präfekten, dem höchsten Regierungsamt einer Provinz, zusammen.
Eine Herzenssache, die andere inspirierte
Viele Menschen wurden schon irgendwo von einer Not berührt und wünschten sich, etwas zu tun. Das Gefühl der Ohnmacht oder die Angst vor Versagen hielt sie dann davon ab, konkrete Schritte zu unternehmen. «Wir haben ganz, ganz klein angefangen», begründet Romy, weshalb sie es überhaupt gewagt hatte. Es sei einfacher, mit kleinen Schritten zu beginnen und aufkommende Herausforderungen Schritt um Schritt anzugehen.
Als dann eine Firmengründung erforderlich wurde, musste einerseits eine Kontrolle gewährleistet werden, um in der Schweiz das nötige Vertrauen zu gewinnen, während gleichzeitig auf die Möglichkeiten in Ecuador Rücksicht genommen werden musste. «Ich liess mich anstecken von der Freude der Leute. Das war für mich wie eine Nahrung.» Romy ist begeistert, wie Projekte gemeinsam verwirklicht werden konnten. «Da hat jeder mitgebaut und es wurde zu einer Herzenssache, die ganz viele Leute inspiriert hat.»
Erste Schritte unter unbekannten Bedingungen
Oft seien unerwartet Hindernisse aufgetaucht und dann hätten sie erlebt, wie schweinbar unüberwindbaren Probleme plötzlich gelöst wurden. «Da wurde uns bewusst, dass wir auf dem Weg sind, den Gott mit uns geht.» Rückschläge gab es; indem sie in schwierigen Momenten aber weitergehen konnten, wuchs das Vertrauen auf Gott.
«In Ecuador lernte ich, im Moment zu leben.» Romy berichtet, wie sie dort jeweils nur den nächsten Schritt planen konnten. Im Talk erzählt sie von den Anfängen, wie sie das Schulhausdach in eigener Regie sanierten und was sie in der Zusammenarbeit mit Behörden lernen musste. Das Geld in der Provinzkasse wurde manchmal für irgendwelche Dinge ausgegeben, weshalb Ende Jahr beispielsweise die Löhne für Chauffeure nicht mehr bezahlt werden konnten.
Die Schweiz ist bekannt für Geld – auch in Ecuador. Die Einheimischen wussten, dass die Projekte nur möglich waren, weil Menschen in der Schweiz etwas von ihrem Geld spenden können. Dabei hätten die Ecuadorianer eine märchenhafte Vorstellung des Geldes in der Schweiz.
Alles findet einmal ein Ende
«Alles hat seine Zeit», sagt Romy, als sie auf das Ende ihres Engagements angesprochen wird. «Auch von Gott her ist nichts dafür geschaffen, damit man es einfach per se durchziehen muss.» Nach 20 Jahren fruchtbarer Arbeit kam bei Romy das Gefühl auf, dass die Zeit für einen Abschluss ihres Engagements gekommen war. Das hatte einerseits mit ihrer eigenen Biografie zu tun, andererseits auch mit der Entwicklung in Ecuador und der zunehmenden Schwierigkeit, in der Schweiz Spendengelder zu generieren. «Was mache ich mit alledem?», fragte sie sich. «Darf man einfach aufhören?» Leute aus ihrem Umfeld zweifelten, ob sie wirklich aufhören könne, viel zu sehr brannte doch ihr Herz für diese Arbeit. «Ich sagte: Ich weiss, es ist Zeit.»
Es war ihr aber auch wichtig, Dinge gut abzuschliessen. Als dann Corona kam und das Leben in Ecuador massiv erschwert war, merkte sie, wie richtig der Entscheid gewesen war, das Engagement zu beenden. Auch dies wertet sie als ein Zeichen Gottes. «Ich hatte einen inneren Frieden über dem Thema.» Es sei gut, für alles dankbar zu sein und gleichzeitig zu wissen, dass es einmal zu Ende gehen darf.
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