«Wir möchten teilen, was wir haben»
Viele Menschen leben heute für ihre Karriere, für Selbstverwirklichung oder dafür, das Leben zu geniessen. Den meisten ist dabei klar, dass es mehr gibt, als ein Leben für sich selbst. Nach mehreren Umzügen landeten Barbara und Niklaus Mosimann in ihrer Heimat Kerzers. Niklaus stammt aus Düdingen, Barbara aus Kerzers. Kennengelernt haben sich die beiden auf originelle Weise.
Aus Briefen wurden Beziehungskisten
Als Teenager gab Niklaus in einem Jugendmagazin ein Inserat auf, bot gratis christliche Zeitschriften an. Barbara meldete sich. «Das Heft las ich nie. Stattdessen fragte ich Nik, ob er zu einer Brieffreundschaft bereit sei.» Nach zwei Jahren regem Briefwechsel vereinbarten sie ein Treffen. «Es war speziell, einen Menschen, der so viel von mir weiss, zum ersten Mal zu sehen», blickt Barbara auf das Treffen an einem Konzert zurück. Wenige Wochen später waren sie ein Paar. «Es war sonnenklar: Dies lief auf eine Heirat hinaus.» «Aus Briefen wurden Beziehungskisten», fasst Niklaus ihre Geschichte zusammen. Und Kisten haben die Briefe tatsächlich gefüllt. Mehr als 700 Briefe hatte die Post auszuliefern, einige über zehn Seiten lang.
Berufliche Reise durch die Schweiz
Die Hochzeit fand 1995 statt. Barbara und Niklaus, damals beide Anfang zwanzig, zogen anschliessend in die Ostschweiz. Dort trat Barbara ihre erste Stelle als Primarlehrerin an. Kurz darauf beendete Niklaus seine Arbeit als Postangestellter und begann eine Tätigkeit im Verlagswesen. Da sich der Standort des Verlags mehrmals verschob, zogen sie in den folgenden Jahren mehrmals um. Der Kinderwunsch blieb längere Zeit unerfüllt. Die beiden überlegten sich bereits, ob Pflege- oder Adoptivkinder eine Option wären.
Doch dann wurde Barbara überraschend schwanger und im Laufe der Jahre kamen vier Kinder zur Welt. Lange Zeit später griffen Mosimanns das Thema wieder auf und bieten seither Pflegekindern einen Platz in ihrer Familie. Vor zehn Jahren kehrten sie in ihre alte Heimat zurück. «Kerzers war für uns als Wohnort attraktiv. Nicht nur, weil wir den Ort kannten und bereits ein Beziehungsnetz hatten. Auch das Dorf mit seiner Infrastruktur war für uns ohne Auto ideal.» In jungen Jahren hatte Barbara sehr viel vom Evangelischen Gemeinschaftswerk (EGW) in Kerzers profitiert und freute sich, jetzt etwas zurückgeben zu können.
Berührung mit christlichem Glauben
«Die Jungschar hat mich geprägt!», blickt Barbara zurück. «Mit 14 führte ich selbst Gruppen und habe viel gelernt, was mir später von grossem Nutzen war.» In der Jungschar fand Barbara zu einer persönlichen Beziehung zu Jesus Christus. «Es ist unser Wunsch, nicht ausschliesslich zum Selbstzweck zu leben», erklärt die engagierte Familienfrau. «Alles, was wir haben, wurde uns von Gott geschenkt. Daran sollen andere Menschen teilhaben.» Auch ihren Kindern vermittelten sie von Anfang an, für mehr zu leben als nur das eigene Wohlergehen im Blick zu haben.
Nicht nur während eines Arbeitseinsatzes in Rumänien, sondern auch im Alltag können die Kinder von Barbara und Niklaus seit jeher das Engagement ihrer Eltern für andere Menschen beobachten und miterleben. «Es ist eine Gratwanderung: Unserer Kinder sollen nicht zu kurz kommen, gleichzeitig aber auch lernen, sich für andere einzusetzen.» Es scheint, als hätte die Haltung der Eltern Spuren hinterlassen: Die älteren Töchter engagieren sich mit viel Elan als Jungscharleiterinnen.
Unerwartete Männerfreundschaft
Da das EGW Kerzers über eine ungenutzte Wohnung verfügte, erklärten sich die Verantwortlichen bereit, dort Flüchtlinge zu betreuen. Der Kanton Freiburg vermittelte eine Familie aus Afghanistan und Niklaus begann diese zu unterstützen. Ob es ums Deutschlernen, einen Arztbesuch, ums Ausfüllen von Formularen oder um Anschaffungen ging: Soweit es ihm möglich war, packte er gemeinsam mit Freunden an: «Wir unternahmen Ausflüge und tauschten uns intensiv über unsere Kulturen aus.»
Nie hätte sich Niklaus träumen lassen, einmal mit einem Muslim aus Afghanistan eine Männerfreundschaft zu pflegen. Er schätzt diesen Kontakt sehr und sagt dazu: «Wir reden bei einem Chai-Tee gern über alles Mögliche – sprichwörtlich über Gott und die Welt.» Mosimanns sind stets offen für die Anliegen und Nöte ihrer Mitmenschen, drängen sich aber niemandem auf: «Wir möchten teilen, was wir haben», lautet ihr Motto und so erfahren sie immer wieder, wie sie selbst dadurch bereichert werden.
Der Traum eines Cafés
Seit acht Jahren arbeitet Barbara als Kindergärtnerin. Sie liebt Kinder und ihren Job – und sie liebt Austausch und Beziehungspflege, lebt begeistert Gastfreundschaft. Konkret: «Ich träumte von einem Café und sagte mir immer, falls ich jemals eine weitere Ausbildung absolvieren sollte, dann wäre es Gastwirtin.» Als Freunde mit der Idee aufkreuzten, ein Café zu gründen, war Barbara sofort dabei. Tatsächlich erwarb sie das Wirtepatent. Seither betreibt sie mit ihren Freunden mit grosser Leidenschaft das kleine Lokal. Getragen wird das Café von einem Verein mit dem Ziel «Menschen zu dienen und Beziehungen zu fördern.»
Am Dienstag- und Mittwochmorgen sowie am Mittwochabend hat das Café «Kafi 8» geöffnet. Das Personal arbeitet ehrenamtlich. Seit zweieinhalb Jahren ist das Café nun in Betrieb. Coronabedingt war dieser in den akuten Pandemiezeiten eingeschränkt. Trotzdem blickt Barbara gerne auf die vergangene Zeit zurück und erklärt: «Immer wieder öffnen wir auch an speziellen Events wie dem Kerzerslauf oder dem Gewerbesonntag unsere Türen. Wir verköstigten auch schon grössere Gesellschaften im Rahmen von Geburtstagen oder Beerdigungen.»
Es braucht kein grosses Lebenswerk
Als Geschäftsführer des SCM Bundes-Verlags (Schweiz) setzt Niklaus bereits seit über 25 Jahren Akzente; dies mittlerweile mit 19 verschiedenen Zeitschriften. Daneben ist er Teilzeit-Hausmann. Barbara und Niklaus werden kaum auf ein grosses Lebenswerk zurückblicken können. Sie investieren sich da, wo sie gerade sind und hinterlassen auf diese Weise ihre Spuren. Niklaus sagt: «Wir sind einfach unterwegs und wollen dort anpacken, wo Gott uns etwas vor die Füsse legt.» Gerne vergleichen Niklaus und Barbara Mosimann das Leben mit einem Schiff, das nur gelenkt werden kann, wenn es den sicheren Hafen verlässt: «Im Vorwärtsgehen erkennen wir, ob der eingeschlagene Weg der richtige ist.» Oft setzen sie sich mit vager Vorstellung in Bewegung und schauen, was sich daraus ergibt. Langweilig wird es den beiden auch in Zukunft bestimmt nicht werden.