«Im Wort ist Gott immer da»
Seit sie 17 ist, liest Rita Jacobsen jeden Tag in der Bibel, und die Bibel inspiriert und motiviert sie für ihre Arbeit als Lehrerin. Im Religionsunterricht erweckt sie die biblischen Geschichten zum Leben und lässt die Kinder alle Rollen spielen – von Gott bis zum kleinsten Lämmchen.
«Rita, kann ich heute nicht einmal Gott oder eine andere Hauptrolle spielen? Ich war schon dreimal Esel.» So klingt es, wenn Rita Jacobsen in der zweiten Klasse Religionsunterricht gibt. Sie arbeitet als Lehrerin etwas ausserhalb von Vejle. Seit 1987 ist sie Lehrerin und hat unter anderem an der Mariager Skole unterrichtet. Doch seit gut sechzehn Jahren wohnt sie mit ihrer Familie in der Nähe von Vejle. An der Egtved Skole unterrichtet sie Religion, Dänisch und Musik.
«Ich finde, es ist extrem wichtig, dass die Kinder ein Gespür dafür entwickeln, welche Geschichten und Erzählungen in der Bibel stehen. Unglaublich viel in unserer Kultur geht ja auf biblische Quellen zurück, von allgemeinen Werten bis hin zu Sprichwörtern und Redewendungen. Nehmen wir nur mal einen Begriff wie ‚Hiobsbotschaft‘. Man hat ja überhaupt keine Chance, das zu verstehen, wenn man die Erzählung aus dem Alten Testament nicht kennt, auf die sich der Begriff bezieht», sagt Rita Jacobsen.
Um die biblischen Geschichten für die Schülerinnen und Schüler so lebendig und relevant wie möglich werden zu lassen, setzt sie sie in Szene. Weil jede Klasse normalerweise um die 25 Schüler hat, sind ein wenig Fantasie und Kreativität gefragt, um jedem eine Rolle zu geben. Hin und wieder sind jede Menge Schafe und Esel mit von der Partie. Doch alle bekommen eine Rolle und die Möglichkeit, sich in die Geschichte hineinzuversetzen. Wenn Rita Jacobsen in der nächsten Stunde nachfragt, was von der letzten gespielten Geschichte hängengeblieben ist, ist sie meistens überrascht, an wie viel sich die Kinder erinnern können und wie lebendig ihnen Theaterspiel und Personen vor Augen stehen.
Als 17-Jährige mit dem Bibellesen angefangen
Rita Jacobsen ist Christin und liest täglich in der Bibel – schon seit sie siebzehn Jahre alt ist. Als Fünfzehnjährige wurde sie von ihrem ersten Freund in eine Freikirche mit einer lebendigen Jugendarbeit mitgenommen. Damals wusste sie kaum über den christlichen Glauben Bescheid, obwohl sie schon einige Jahre im Kirchenchor mitgesungen hatte. In ihrem Elternhaus spielte der christliche Glaube keine Rolle, und die Chance, im Kirchenchor mitzusingen, hatte sie hauptsächlich ergriffen, weil sie sich damit ein Taschengeld verdienen konnte (siehe Infokasten) und Musik mochte. Doch die Begegnung mit einer freikirchlichen Gemeinde veränderte ihre Meinung zu Glauben und Bibel.
«Durch die Jugendstunden merkte ich schnell, dass am Glauben etwas dran war», erklärt sie. Dennoch dauerte es einige Jahre, bis sie sich für den Glauben entschied. Denn obwohl sie spürte, dass es sie mit Macht zum Christentum hinzog, machte sie sich Sorgen, ob sie mit dem Übertritt zum christlichen Glauben all ihre alten Freunde verlieren würde. Doch dann entschied sie sich, dem Glauben eine Chance zu geben. Dass Gott ihr ihre Sünden vergab, war ein intensives Erlebnis für sie. Danach begann sie, jeden Tag in der Bibel zu lesen und machte auch vor ihren Freunden kein Geheimnis mehr aus ihrem Glauben. «Als ich anfing, täglich in der Bibel zu lesen, merkte ich, dass die Jesusgeschichten im Neuen Testament in mein Leben hineinsprachen, und das ist heute immer noch so», erzählt sie.
Rita Jacobsen sieht keinen Gegensatz darin, dass sie Christin ist, die ihren Glauben in einem freikirchlichen Umfeld lebt, und in einem in mancher Hinsicht säkularen Umfeld mit Kollegen arbeitet, von denen viele nicht gläubig sind. «Übergangsweise habe ich einmal kurze Zeit an einer christlichen Schule gearbeitet. Aber ich fand schnell heraus, dass ich viel eher in einem Umfeld aufblühe, wo man auch mal ‚verdammt‘ oder ‚verflixt‘ sagt. Ich möchte jemand sein, der ein Stück Himmel in den Alltag meiner Kollegen und Schüler bringt. Das versuche ich, indem ich einfach immer für sie da bin.»
Eine Hirtin auf dem Schulkorridor
Rita Jacobsen ist sich völlig im Klaren darüber, dass sie als Lehrerin an einer staatlichen Schule nicht unter den Schülern evangelisieren darf, und sie spekuliert auch kaum jemals darüber, was die biblischen Geschichten glaubensmässig bei ihnen in Gang setzen. Ihr ist es wichtig, eine Lehrerin zu sein, die ihren Schülern zuhört, um sie zu motivieren, sie einzubinden und ein Vertrauensverhältnis zu ihnen aufzubauen. Dasselbe gilt auch für ihr Verhältnis zu ihren Kollegen.
«An meinem ersten Arbeitstag an meinem jetzigen Arbeitsplatz kam mir der Bericht von Jesus und Simon Petrus aus Johannes 21 in den Sinn, wo Jesus Petrus dreimal fragt, ob er ihn liebhat. Petrus antwortet mit Ja, und Jesus sagt zu ihm: ‚Weide meine Lämmer‘ und ‚Hüte meine Schafe‘. In dieser Aufforderung kann ich mich wiederfinden, wenn ich an mich selbst als Lehrerin und Kollegin denke», meint Rita Jacobsen.
Ihre Kollegen wissen, dass sie Christin ist und jeden Sonntag in die Bykirken («Stadtkirche») in Vejle geht, eine Freikirche, die zu «Mosaik» gehört, einem Netzwerk von Pfingstgemeinden in Dänemark. Ihr Mann Tonny Jacobsen ist dort Pastor. Deshalb verzichten einige von ihnen auf Kraftausdrücke, wenn sie in der Nähe ist, oder entschuldigen sich, wenn sie in ihrer Hörweite geflucht haben. Häufig betet Rita Jacobsen für einen Kollegen, wenn er krank ist oder Probleme hat. Hin und wieder erzählt sie dem Betreffenden, dass sie für ihn gebetet hat, oder fragt, ob sie für ihn beten darf. Noch nie hat jemand ablehnend reagiert.
«Ich erlebe nur, dass Menschen das Angebot dankbar annehmen, ganz egal, ob sie selbst an Gott glauben oder nicht. Meiner Meinung nach ist es das Wichtigste, dass ich an sie denke», sagt sie.
Rita Jacobsen ist auch nicht am meisten daran gelegen, das Evangelium mit Worten zu verkündigen. Vielmehr möchte sie durch das, was sie tut, Liebe weitergeben. Für sie ist das der wesentliche Kern des Christentums. «Franz von Assisi wird der berühmte Satz zugeschrieben: ‚Geh hinaus und predige das Evangelium – wenn nötig, mit Worten‘. Darin kann ich mich wiederfinden.»
Buch für Buch auf dem Smartphone
Rita Jacobsen beginnt jeden Tag mit einem Spaziergang. Unterwegs liest sie dabei auf ihrem Smartphone ein Kapitel aus der Bibel. Dafür sucht sie sich ein biblisches Buch aus, das sie von Anfang bis Ende durchliest. Dann geht sie zu einem neuen Buch über. Welche Auswahl sie trifft, hängt davon an, ob sie ein bestimmtes Buch schon lange nicht mehr gelesen hat oder ob es ein spezielles Thema gibt, zu dem sie im Augenblick unbedingt etwas lesen will.
«Die Bibel ist für mich geistliche Nahrung. Wenn man glaubt, dass die Bibel Gottes Wort für uns Menschen ist, ist es ja ein aufregender Gedanke, dass Gott uns in den biblischen Schriften ganz nahekommt. In der Bibel gibt er uns seine Gedanken, seine Einsichten und Leitlinien weiter. Ich glaube, dass Gott uns auch nah ist, wenn wir nicht in der Bibel lesen, aber die Bibel ist so eine Art Handbuch, in dem wir Gott nahekommen können», sagt sie.
Der Beitrag erschien zuerst bei der Dänischen Bibelgesellschaft. Abdruck mit freundlicher Genehmigung. Ähnliche Impulse gibt es im Magazin Faszination Bibel. Infos zum günstigen Jahresabogutschein des Magazins findest du hier.
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