Myanmar: Geistliche verhaftet, Kirchen zerstört, Dörfer geplündert
Die Streitkräfte Myanmars (früher: Burma) haben seit dem Staatsstreich im Februar 2021 mehr als 220 Kirchen gezielt zerstört und mindestens 85 Geistliche getötet, hauptsächlich durch Luftangriffe, Beschuss und Folter. Das berichten das britische Hilfswerk Christian Solidarity Worldwide (nicht zu verwechseln mit «Christian Solidarity International») und das Freedom of Religion or Belief (FoRB)-Netzwerk.
Der Bundesstaat Chin, eine der wenigen Regionen Myanmars mit christlicher Mehrheit, ist ein besonderer Schwerpunkt der militärischen Gewalt. Ganze Gemeinden wurden vertrieben, Dörfer bombardiert und Gotteshäuser in Schutt und Asche gelegt, was Hilfswerke, die UNO und Amnesty International als «Strategie der verbrannten Erde» bezeichnen. Soldaten plündern Gotteshäuser, verlegen in ihrer Nähe Landminen und nutzen religiöse Gebäude als provisorische Kasernen.
Aktiver Kampf gegen Andersgläubige
Diese Taktik des Militärs beruht auf der berüchtigten «Four Cuts»-Strategie, die darauf abzielt, die lokalen Netzwerke zu schwächen, die den Vertriebenen Nahrung, Unterkunft und humanitäre Hilfe bieten. Der Name bezieht sich auf das «Abschneiden» von vier Arten der Versorgung der «Aufständischen»: Lebensmittel, Geldmittel, Informationen und Rekrutierung.
Das Militär verfolgt eine Kampagne gezielter Gewalt mit dem Ziel, die Gesellschaft in Gebieten, die mit dem Widerstand sympathisierten, zu zerschlagen, indem es Schulen, Krankenhäuser, Gotteshäuser, Geschäfte und Reisfelder angreift. Auch werden mobile Datenverbindungen und Netzwerke unterbrochen, um Fehlinformationen zu verbreiten und verdächtige Zivilisten aufzuspüren.
Internationale Massnahmen gefordert
Der Gründungspräsident von CSW, Mervyn Thomas, sagte, dass die aktuelle Situation für Christen und andere religiöse Minderheiten in Myanmar «dringende internationale Massnahmen erfordert». «Die Militärjunta muss alle wahllosen Luftangriffe auf zivile Ziele, insbesondere auf Gotteshäuser, Schulen und Krankenhäuser, einstellen», erklärte er.
«Diskriminierende» Verwaltungsanordnungen, die «religiöse Minderheiten daran hindern, ihre Gotteshäuser wieder aufzubauen und ihren Glauben frei auszuüben», sollten ebenfalls aufgehoben werden, so Thomas. Nach dem Erdbeben 2021 war angeordnet worden, dass alle religiösen Gebäude nur im ursprünglichen Stil und Grösse wieder aufgebaut werden dürfen, was den kleinen Gemeinschaften in vielen Orten unmöglich ist.
«Die internationale Gemeinschaft muss gezielte Sanktionen gegen die Lieferung von Flugbenzin an das myanmarische Militär verhängen und humanitäre Hilfe leisten, die die Junta umgeht und direkt an lokale zivilgesellschaftliche und religiöse Organisationen geht», sagte Thomas.
Er fasst zusammen: «Gläubige in Myanmar sind weiterhin brutaler Unterdrückung ausgesetzt. Die gezielte Verfolgung von Kirchen und Pastoren durch die Junta muss als das anerkannt werden, was sie ist – ein Angriff auf den Glauben selbst.»
Buddhisten verfolgen Christen
Unter diesem Titel hatte der Schweizer Publizist Giuseppe Gracia im vergangenen Jahr in der «Weltwoche» die brutalen Angriffe in Myanmar beschrieben und kritisiert, dass die Weltöffentlichkeit – wie so oft, wenn es um religiös motivierte Verfolgung geht – «seltsam still» bleibe.
Die Militärjunta in Myanmar hatte im Februar 2021 gegen die legitime Regierung von Aung San Suu Kyi geputscht und geht brutal gegen religiöse Minderheiten vor. Der Führer der herrschenden Militärjunta, General Min Aung Hlaing, versucht, sich als Beschützer des Buddhismus darzustellen; er setzt nationalistische Milizen wie Pyu Saw Htee ein, um Christen und Muslime gezielt zu bekämpfen, die er als vom Ausland unterstützte Staatsfeinde darstellt. Die bekannteste Gruppe davon sind die muslimischen Rohingya, von denen mehr als 740'000 in das benachbarte Bangladesch flohen, seitdem die Konflikte bereits im Jahr 2017 ausbrachen. Aber auch der Bundestaat Chin mit über 400'000 christlichen Bewohnern gilt als Zentrum des Widerstandes.
Myanmar hat rund 55 Millionen Einwohner. 87 Prozent der Bevölkerung sind Buddhisten, 8 Prozent Christen, 4 Prozent Muslime und weniger als 1 Prozent Animisten und Hindus.
Schwerpunkt am Sonntag der verfolgten Kirche
Myanmar ist ein Schwerpunktthema am «Sonntag der Verfolgten Kirche» vom 9. und 16. November, zu dem von der «Arbeitsgemeinschaft für Religionsfreiheit» der SEA, getragen von sieben Schweizer Hilfswerken, eingeladen wird. Mehr Informationen im Dossier zu diesem Sonntag und in der Powerpoint-Präsentation zum Einsatz in Gemeinden.
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