«Endlich kann ich aufatmen!»

Miriam Zehr
Miriam Zehr erlebte Beziehungsabbrüche, wurde von Krankheiten gebremst und suchte Hilfe in der Esoterik. Schon als Teenager trug sie viel Verantwortung und versuchte alles aus eigener Kraft zu schaffen. Anhaltende Erleichterung fand sie bei Jesus.

«Als ich zwei Jahre alt war, liessen sich meine Eltern scheiden», erzählt Miriam Zehr. Sie hatten den Scientologen angehört, traten dort jedoch zeitgleich aus. Der Vater heiratete schon bald eine viel jüngere Frau und bekam mit ihr nochmals drei Kinder. Miriam durfte bei ihnen leben, die leibliche Mutter meldete sich sehr selten bei ihr. Als sie neunjährig war, zog die Familie nach Schönengrund. «Dort war ich als Zugezogene die Aussenseiterin …» Drei Jahre später verliess ihr Vater seine Familie.

«Gott sei Dank durfte ich bei meiner Stiefmutter bleiben!»

«Gott sei Dank durfte ich bei meiner Stiefmutter bleiben!», betont die heute 45-Jährige. Unbewusst wollte sie sich jedoch ihren Platz verdienen, indem sie sich sehr unauffällig verhielt, sich anpasste, mithalf und sich um die kleinen Geschwister kümmerte. Als ihre Stiefmutter zum Glauben an Jesus fand, besuchte die Familie eine Freikirche. «Richtig angekommen bin ich dort nicht», erinnert sich Miriam. Sie hörte zwar das Evangelium, verstand es aber nicht. Die Zwölfjährige war traumatisiert und depressiv, spürte durch ihre Hochsensibilität sehr schnell, wenn Worte und Taten nicht übereinstimmten, und zog sich dann zurück. Doch einmal erlebte sie Gottes Eingreifen unmittelbar. Ihre Familie hatte an einem grossen christlichen Camp teilgenommen, als ein äusserst heftiger Sturm aufkam. Tausende Menschen befanden sich im riesigen Hauptzelt, als dessen Stangen vom Wind aus dem Boden gehoben wurden – und sich wieder senkten. Offensichtlich hatte Gott die Anwesenden bewahrt, niemand wurde ernsthaft verletzt.

«Du bist darin verloren und erkennst es nicht.»

Energetische Hilfe

2006 heiratete Miriam einen geschiedenen Mann mit zwei Kindern. Neben der Haus- und Familienarbeit studierte sie Sozialpädagogik. Doch die Beziehung war toxisch: «Ich wurde immer ängstlicher und hatte keine Kraft, mich zu wehren», gesteht Miriam. Immer wieder zogen sie Depressionen aus dem Verkehr. Sie suchte Hilfe in esoterischen Praktiken und geriet nun in ein Labyrinth, aus dem sie lang keinen Ausweg fand. «Du bist darin verloren und erkennst es nicht», erklärt sie heute. «Es geht immer nur bis zur nächsten Abzweigung, man kommt nicht mehr raus aus diesem Sog.» Sie suchte Hilfe bei einem Geistheiler, in Reiki und Kinesiologie, tauchte in die Energielehre ein, legte Karten, nutzte das Pendel und probierte vieles mehr aus. Das Glück fand sie nicht, im Gegenteil: Panikattacken und Schlafstörungen plagten Miriam. Selbst Psychotherapie bot keine Abhilfe.

Wiedersehen mit dem Schulschatz

2009 wollte ihr Mann nicht mehr mit ihr zusammenleben; er verlangte, dass sie auszieht. So zog sie zu einer Freundin – und nun gelang es ihr endlich, sich aus der ungesunden Beziehung zu lösen. An ihrem Arbeitsplatz, wo sie als Sozialpädagogin arbeitete, traf sie auf den Zivi Remo, einen ehemaligen Schulkameraden. Sie hatten sich schon als Kinder gerngehabt, jetzt spürte sie: «Er geht ganz anders mit mir um – so eine Wertschätzung habe ich bisher nie erlebt.» Die beiden verliebten sich, Miriam reichte die Scheidung ein und zog in Remos WG. Langsam gelang es der damals 34-Jährigen, sich zu entspannen. Und als sie während einer Äthiopienreise schwanger wurde, suchten sie sich eine eigene Wohnung und heirateten 2014. Im gleichen Jahr wurde ihre erste Tochter geboren und Miriam machte sich als energetische Begbegleiterin selbstständig. Die feinfühlige Frau hatte ihre mediale Begabung erkannt und baute eine eigene Beratungspraxis auf.

2018 gebar sie wieder ein kleines Mädchen. Doch immer mehr drückte sich lange ertragene Not durch psychosomatische Symptome aus und 2023 erreichte ihre Erschöpfungsdepression ihren Höhepunkt. Borreliose, Pfeiffersches Drüsenfieber, Corona … eine Infektion nach der anderen schwächte sie. Zwei Drittel des Jahres verbrachte sie im Bett. «Ich bin immer davon ausgegangen,  dass ich alles aus eigener Kraft schaffen muss», stellt Miriam klar. Doch nun war Remo an ihrer Seite und sorgte liebevoll für seine Familie. Seit fünf Jahren arbeitet er als Teamleiter in einem Heim für Menschen mit Beeinträchtigung.

The Chosen

Eine Freundin gab Miriam den Tipp, sich die Serie «The Chosen» anzusehen. Sie zeigt Jesus während seiner aktiven Jahre, seinen Umgang mit Menschen. Viele Erinnerungen an Erlebnisse in der Freikirche poppten auf und Tränen flossen, als sie sich die Sequenzen ansah. «Jesus, wenn du die Wahrheit bist, dann zeige dich mir», bat Miriam. Und sie erkannte sofort: «Ja, es stimmt! Wenn ich meine Schuld bekenne, vergibt er mir. Ich muss keine Last mehr tragen – dafür ist er gestorben.» Sie wusste, sie muss Verantwortung übernehmen für ihr Leben, aber nichts abverdienen. Sie war nicht schuldig an ihrem Schicksal, sondern von Eltern und Ehemann nicht gut versorgt oder behandelt worden. Der Heilungsweg war lang, aber die Seelsorgeform SoZo brachte einen Durchbruch. Miriam konnte ihren Eltern vergeben, behutsam wieder Kontakt aufnehmen. Heute ist sie mit beiden versöhnt.

«Ich suchte immer nach Wahrheit, nach Heilung und Freiheit – in Jesus habe ich das gefunden.»

Gemeinsam unterwegs

Eine grosse Freude erlebte sie, als auch ihr Mann sich für Jesus entschied. Er hatte in der Rastafari-Bewegung Erfüllung gesucht, sie in der Esoterik. Nun liessen beide diese Bindungen los – Remo schnitt seine Dreadlocks ab, Miriam gab ihre Praxis auf und warf alle Gegenstände weg, die mit energetischen Heilmethoden zu tun hatten. Damit verlor sie zwar ihre Einkommensquelle, aber sie wusste: «Ich kann unmöglich zwei Herren dienen.»

Ihre Ehe steht heute auf festem Grund. Die Atmosphäre in der Familie hat sich verändert und sie sehen zuversichtlich nach vorn. «Ich suchte immer nach Wahrheit, nach Heilung und Freiheit – in Jesus habe ich das gefunden», bestätigt Miriam.

ZUR PERSON

Was wäre der Titel Ihrer Autobiografie?
Vom Überleben ins wahre Leben.

Was treibt Sie an im Leben?
Die Sehnsucht, den himmlischen Vater noch tiefer kennenzulernen und seinen Willen zu tun.

Haben Sie Angst vor dem Sterben?
Nein, das «Wie» beunruhigt mich mehr. Ich weiss, ich werde zum Vater gehen, und dafür bin ich sehr dankbar.

Wenn Sie nochmals anfangen könnten, was würden Sie anders machen?
Ich würde mich von Anfang an für ein Leben mit Jesus entscheiden.

Was ist eine der eindrücklichsten Lektionen in Ihrem Leben?
Dass Gott mich bedingungslos liebt, trotz aller Fehler, die ich gemacht habe, und dass ich seine geliebte Tochter sein darf.

Autor: Mirjam Fisch
Quelle: Hope Regiozeitung