«Ich bin hier auf der Durchreise»
«In der Schweiz habe ich mich nicht zu Hause gefühlt», erzählt Yvonne Rhiner. Sie ist in Sennwald im Kanton St. Gallen aufgewachsen, ihre Mutter ist Schwedin, ihr Vater halb Schweizer, halb Deutscher. Zuhause wurde Schwedisch gesprochen. Als sie in den Kindergarten kam, verstand Yvonne kein Wort. «Ich war so verzweifelt darüber, dass ich sterben wollte.» Sie habe immer das Gefühl gehabt, zwischen den Welten zu leben und nirgends dazuzugehören. Der Vater baute eine Firma auf, arbeitete viel, die Familie lebte in Wohlstand. Allerdings: «Ich habe erlebt, dass Reichtum das Leben nicht erfüllt.»
«Ich habe erlebt, dass Reichtum das Leben nicht erfüllt.»
Neues Leben
Die Mutter war evangelisch, der Vater katholisch, die Tochter besuchte den katholischen Unterricht. Als der Pfarrer das Mädchen einlud zu ministrieren, tat Yvonne das gern. Ihre Mutter war dem Glauben gegenüber offen und unterstützte sie. Mit 16 Jahren besuchte Yvonne einen Gottesdienst. «Vertrau mir dein Leben an!», vernahm sie eine leise Stimme, doch sie war noch nicht bereit dafür. Die Sehnsucht nach einer persönlichen Beziehung zu ihrem Schöpfer bewegte sie weiterhin. Yvonne entdeckte die Worte von Jesus, der von sich sagt: «Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben. Niemand kommt zum Vater als durch mich» ( Johannes-Evangelium, Kapitel 14, Vers 6). Das forderte sie heraus. Nach der Lektüre des Klassikers von Wilhelm Busch «Jesus unser Schicksal» wurde ihr klar, dass sie Jesus Christus nachfolgen möchte. «Als ich Jesus in mein Leben einlud, fiel eine Last von mir ab. Ich wusste, dass ich Vergebung von meiner Schuld empfangen hatte.» Plötzlich empfand sie Liebe für ihre Familie und auch fremde Menschen.
Yvonne kaufte sich eine Bibel und begann darin zu lesen. «Jetzt bekam ich Antworten auf verschiedene Lebens- und Zukunftsfragen. » Sie sprach mit einem Pfarrer über ihre neugewonnene Freude in Jesus. Doch er konnte ihr nicht bestätigen, dass sie allein durch die Vergebung von Jesus in den Himmel käme. In der Freien Evangelischen Gemeinde in Buchs war das anders. Hier lernte Yvonne Jesus immer besser kennen. Sie folgte Gottes Führung und begann eine Ausbildung in seinem Wort, zunächst in Schweden, vor allem aber in der Schweiz. Am Ende wurde ihr klar, dass Gott sie nach Liechtenstein berief.
Familienleben
Yvonne hatte Kleinkinderzieherin gelernt und arbeitete in einer KiTa, später in der Familienhilfe. Mit 28 Jahren heiratete sie im Ländle einen Schweizer, wurde Mutter von vier Kindern. Bei ihrem Mann, der familiär vorbelastet war, zeigten sich immer mehr psychische Probleme. Er wurde arbeitsunfähig und Yvonne unterstützte ihn so gut wie möglich. Das Paar trennte sich schliesslich in Frieden. Später heiratete Yvonne erneut. Sie bildete sich weiter zur Fachperson Betreuung für Menschen mit Beeinträchtigung und arbeitet heute in einem Heim mit ihnen.
«Als ich Jesus in mein Leben einlud, fiel eine Last von mir ab.»
Leben erhalten
Auch das Thema Abtreibung beschäftigt Yvonne. Sie ist dankbar, dass S.D. Erbprinz Alois von und zu Liechtenstein das Veto dagegen eingelegt und seine Frau, I.K.H. Erbprinzessin Sophie, die Stiftung schwanger.li gegründet haben. «Hier wird Schwangeren geholfen, sowohl durch Begleitung wie finanziell.» Yvonne weiss, dass ein Schwangerschaftsabbruch bei der Mutter sehr negative Auswirkungen haben, und auch für einen Vater schmerzlich sein kann: «Man sollte eine Abtreibung nicht auf die leichte Schulter nehmen», mahnt die Menschenfreundin, die sich bei einer internationalen Lebensschutzorganisation engagiert.
«Man sollte eine Abtreibung nicht auf die leichte Schulter nehmen.»
Parallelen
«Liechtenstein wird oft übersehen», hält Yvonne Rhiner fest. «Wenn von deutschsprachigen Ländern gesprochen wird, erwähnt man es nicht – oder dann aufgrund negativer Aspekte wie Briefkastenfirmen oder heute die vielen Casinos.» So habe sie sich als Kind gefühlt – übersehen, unbedeutend. Geprägt von der Mentalität dreier Länder habe sie keine Identität emfpunden. «Erst in Jesus habe ich Zugehörigkeit und Frieden gefunden.» Yvonne ist sicher, nach dem Tod bei ihm zu sein: «Ich bin hier auf der Durchreise, ich bin Himmelsbürgerin!»
«Erst in Jesus habe ich Zugehörigkeit und Frieden gefunden.»
Heute hat die Christin in der katholischen Kirche und überall dort, wo Jesus als Retter verkündet und sein Evangelium gelebt wird, ihre geistliche Heimat gefunden. Nach dem Motto des Kirchenjahres 2025 «Prüft alles und behaltet das Gute» (1. Thessalonicher, Kapitel 5, Vers 2) lässt sie kirchliche Rituale stehen, die ihr nicht entsprechen, und singt in einem Chor mit. Dort kann sie von ihrer bereichernden Beziehung mit Jesus erzählen. Im überkonfessionellen Gebetstreffen steht Yvonne mit Glaubensgeschwistern vor Gott für ihre Mitmenschen ein. Gerne berichten ihr Mann und sie in Gesprächskreisen darüber, wie die Bibel in ihren Alltag hineinspricht.
Eine Aussage von Pater Anton Loipfinger in Schellenberg hat Yvonne sehr ermutigt. Der Pater war Generalmoderator in Rom der «Missionare vom Kostbaren Blut». Die Ministranten aus Schellenberg nannten sich liebevoll die «Toniflitzer», und auch die Jugendlichen wusste Loipfinger abzuholen und für den Samstagabendgottesdienst zu motivieren. Er sagte einst: «Der Heilige Geist kommt über Schellenberg, Liechtenstein und Europa.» Für Yvonne ist das ein Versprechen Gottes, dass Liechtenstein einmal ein Licht für die umliegenden Länder werden wird. Auch S.D. Fürstin Marie erhob die Stimme für eine christliche Erneuerung und lud über mehrere Jahre zu Musical-Produktionen über Petrus, Mutter Teresa oder Franz von Assisi ein. «Der Einsatz dieser Persönlichkeiten hat meine Hoffnung gestärkt, dass Gott unser Land nicht vergessen hat.»
ZUR PERSON
Meine aktuelle Lektüre:
«Krieg und Gnade» von Don Stephens.
Bibelvers, der mich begleitet:
Jesaja, Kapitel 43, Vers 19: «Seht hin; ich mache etwas Neues; schon keimt es auf. Seht ihr es nicht? Ich bahne einen Weg durch die Wüste und lasse Flüsse in der Einöde entstehen.»
Das hat mich Mut gekostet:
Meine kürzliche Reise nach Israel trotz aller Konflikte.
Das überrascht andere an mir:
Dass ich Hebräisch lerne.