In Religion und Esoterik fand ich keine Freiheit
«Ich war überzeugt, als Lichtarbeiterin den Menschen zu dienen», steigt Sascha Laiss ins Gespräch ein. Nach einer kaufmännischen Laufbahn bildet sich die dreifache Mutter zur Komplementärtherapeutin aus, erfährt, dass man auch mit Energie arbeiten könne. «Es schien so einfach zu sein – das Gegenteil von dem, was ich durch die religiöse Prägung meiner Kirche erlebte», hält Sascha fest. Dort fühlte sie sich verpflichtet, den Gottesdienst zu besuchen, auch um Vergebung der Sünden zu erhalten. Alsbald öffnet sich der empathischen Frau das weite Feld der energetisch-spirituellen Therapie; 16 Jahre wird sie es bewirtschaften.
«Ich befand mich im Dauerstress, war gefangen im Sog der Esoterik.»
Endloses Suchen
«Am Anfang war alles schön und fühlte sich gut an», erzählt Sascha. Immer wieder stösst sie jedoch an Grenzen. Mit weiteren Ausbildungen und esoterischen Praktiken will sie diese überwinden, sucht kontinuierlich nach neuen energetisch-spirituellen Wegen. Wie viele Kolleginnen in der Szene ist sie zunehmend überzeugt, den wahren Durchblick zu besitzen. «Wir fühlten uns den Menschen, die unsere Form der Spiritualität nicht verstanden, immer stärker überlegen – viele liessen sich scheiden, weil der Ehemann diesen Weg nicht mitging», erklärt Sascha. Auch ihre eigene Ehe gerät eine Zeit lang in Schieflage. Gleichzeitig baut sich immer mehr Wut in ihr auf. «So kannte ich mich nicht – ich befand mich im Dauerstress, war gefangen im Sog der Esoterik», weiss sie heute. Einer von Saschas Söhnen beginnt, die Praktiken in der Glaubensgemeinschaft zu hinterfragen, sucht in der Bibel nach Antworten. Er kommt zum Schluss, Jesus Christus allein sei der Weg, die Wahrheit und das Leben, nicht eine religiöse Gemeinschaft. «Mein Sohn konfrontierte mich mit seiner Erkenntnis und sagte mir, dass ich auf dem Holzweg sei. Das wollte ich nicht hören», gibt Sascha zu. Ihr Junior habe damit zweierlei in Frage gestellt; die Abhängigkeit von ihrer Glaubensgemeinschaft und von ihren esoterischen Praktiken …
Corona als Chance
Während der Pandemie bleiben Sascha und ihr Mann der Kirche fern. Sie begründet dies mit der Gefahr einer Ansteckung und daraus resultierenden Ausfällen in ihrer Praxis. Die beiden verfolgen die Gottesdienste online – und werden zunehmend skeptisch. In Sascha beginnt ein innerer Kampf, es folgen zahlreiche Diskussionen mit ihrem Sohn und Gespräche mit ihrem Mann. Zwei Jahre später besucht das Paar den Gottesdienst einer Freikirche. «Die Musik und die Liedtexte gingen uns durch Mark und Bein», berichtet die 54-Jährige. Etwas später wird ihr in einem Augenblick klar: «Ich bin Esoterikerin, und das ist ein Irrglaube. Ich habe nicht für Gott gearbeitet, sondern gegen ihn!» Sascha bereut dies tief, bittet Jesus um Vergebung und lädt ihn in ihr Leben ein. Ihr Mann tut es ihr gleich.
«Ich bin Esoterikerin, und das ist ein Irrglaube. Ich habe nicht für Gott gearbeitet, sondern gegen ihn!»
Dass Belastungen von sechzehn Jahren in der Esoterik und fünf Jahrzehnten in einer einengenden Kirche in einem einzigen Augenblick von ihr abfielen, beschreibt Sascha in eigenen Worten: «Ich hatte es voll verbockt und bin nun vollständig frei. Meine Wut ist weg, ich habe Frieden gefunden – eine gewaltige Erfahrung, ein riesiges Wunder!»
Aufwind und offene Augen
Saschas Ehe blüht auf. Zusammen mit ihrem Mann besucht sie eine Freikirche, die diese Bezeichnung verdient. In Bezug auf ihre Arbeit stellt die Therapeutin ernüchtert fest, dass es kaum Kolleginnen und Kollegen gibt, die keine esoterischen Anwendungen anbieten. Auch in den Schulen beobachtet sie deren Einzug: «Man entfernt das Kreuz aus dem Klassenzimmer und praktiziert mit den Kindern völlig legitim Om-Meditation.» Die Annahme, aus dem Kosmos, dem Universum oder von Ahnen Hilfe zu erhalten, sei heute omnipräsent. Sascha ergänzt: «Dass die Schöpfung keine Hilfe anbieten kann, sondern nur der Schöpfer, diese Vorstellung liegt in der esoterischen Szene fern.» Die meisten in der Branche seien liebevolle, feinfühlige Menschen, stellt die Jesus-Nachfolgerin klar: «Sie sind auf der Suche nach Licht und Liebe und können nicht akzeptieren, dass es nur eine Wahrheit gibt.»
«Meine Wut ist weg, ich habe Frieden gefunden – eine gewaltige Erfahrung, ein riesiges Wunder!»
Therapie und Aufklärung
2023 stellt Sascha das Angebot ihrer Praxis um. Heute bietet sie Therapie und Beratung und ist Anlaufstelle für Menschen jeglicher Religion. Sie wollen über das Thema Esoterik aufgeklärt werden oder aus der Abhängigkeit solcher Praktiken herausfinden. Es melden sich auch Christen, die eine Therapie planen und sich über die medizinischen und ideologischen Hintergründe informieren möchten. Überdies begleitet Sascha Suchende mit Fragen in Bezug auf den christlichen Glauben. Abschliessend hält sie fröhlich fest: «Jesus Christus hat mich befreit. Seit ich ihn in meinem Leben habe, bin ich angekommen. Diese Erfahrung wünsche ich allen Menschen!»
«Jesus Christus hat mich befreit. Seit ich ihn in meinem Leben habe, bin ich angekommen. Diese Erfahrung wünsche ich allen Menschen!»
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ZUR PERSON
Mein Lieblingsplatz:
Im Garten sowie im und am Wasser
Meine Lieblingsbeschäftigung:
Lesen, Gespräche, Wandern und Musizieren
Meine liebste Auszeit:
Ein Spaziergang zum und am See