Delhi: Christen protestieren und wehren sich
Die Behandlung von Christen im sich demokratisch gebenden Indien gibt zunehmend Anlass zur Sorge. Allein in diesem Jahr gab es Versuche hinduistischer Mobs, die Beerdigung eines christlichen Mannes in seiner Heimatstadt zu verhindern, Missionare wurden angegriffen und christliche Geschäfte boykottiert. Menschen wurden aus ihren Dörfern vertrieben und ihnen der Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen verwehrt.
Die Situation ist derart, dass Indien derzeit von Open Doors als das elft schlimmste Land der Welt in Bezug auf die Verfolgung von Christen eingestuft wird, noch vor der islamischen Autokratie Saudi-Arabien (Platz 12) und dem kommunistischen China (Platz 15).
Zentrales Treffen von Leitern
Am 29. November fand die Nationale Christliche Konferenz (National Christian Convention) in Delhi statt; an der Tagung nahmen 2'000 Gläubige aus über 200 Konfessionen, Denominationen und Bewegungen teil.
Die Redner berichteten über die Notlage der Christen in gefährdeten Gebieten des Landes und erklärten übereinstimmend, dass sich die Lage erheblich verschlechtert habe. Zwischen 2014 und 2024 hätten die Angriffe auf Christen um 500 Prozent zugenommen. Die Angriffe reichten von Vandalismus an Kirchen bis hin zu körperlichen Übergriffen auf Kirchenführer. Im letzten Jahrzehnt seien fast 5000 Fälle erfasst und dokumentiert worden. Dennoch wurden weniger als 20 Prozent der Fälle von der Polizei untersucht.
Anti-Konversions-Gesetze
Ein wichtiger Konfliktpunkt ist die Frage der Konversion. Bereits mehr als ein Dutzend Bundesstaaten, die mehrheitlich von der pro-hinduistischen BJP regiert werden, haben Gesetze erlassen, die «Zwangskonversionen» von einer Religion zur anderen verhindern sollen.
In der Praxis werden sie jedoch oft dazu genutzt, Menschen daran zu hindern, vom Hinduismus zu konvertieren, sei es unter Zwang oder aus freiem Willen. Hinduistische Mobs gehen oft aggressiv und gewalttätig gegen Christen vor, selbst wenn es sich nur um Gerüchte über «Zwangsbekehrungen» handelt. Solche Angriffe bleiben oft ungestraft.
Streitpunkt Dalits
Die Redner an der National Christian Convention sprachen auch das Problem an, dass nicht-hinduistischen Dalits die Vorteile verwehrt bleiben, die anderen Dalits gewährt werden. Dies, so argumentierten die Redner, führe dazu, dass Millionen von Christen und Muslimen in generationenübergreifender Armut gefangen sind. Außerdem biete diese Praxis Dalits einen direkten finanziellen Anreiz, zum Hinduismus zurückzukehren.
An der Versammlung kamen auch einige Christen zu Wort, die fälschlicherweise der Bekehrung beschuldigt und inhaftiert worden waren. Einer von ihnen sagte: «Es war für mich eine Gelegenheit, den Mitgefangenen von Jesus zu erzählen.»
Öffentlicher Protest
Zeitgleich mit dem Kongress protestierten etwa 3'500 Christen und andere Menschen öffentlich in der Nähe des indischen Parlaments und verurteilten das Versagen der Regierung, die Gewalt einzudämmen. Stattdessen, so die Demonstranten, würden die Behörden oft christliche Opfer statt der Täter verhaften.
Die Convention erstellte ein Manifest zum Schutz von Christen und allen, die Verfolgung ausgesetzt sind. Auch die Gleichberechtigung der Dalits stand auf der Tagesordnung. Das endgültige Manifest wird dem indischen Premierminister und anderen wichtigen Politikern vorgelegt werden.
Laut censusofindia.net machen Christen etwa 2,3 Prozent oder 27 Millionen der 1,4 Milliarden Einwohner Indiens aus. Der Hinduismus ist mit 79,8 Prozent der Bevölkerung die stärkste Religion, während die Muslime mit 14,23 Prozent die grösste religiöse Minderheit darstellen. Einige wenige Bundesstaaten sind mehrheitlich christlich, wobei sich die Gläubigen auf bestimmte Gebiete konzentrieren.
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