Raus aus der Hauskreis-Routine

Ein neuer Treffpunkt, etwa in einem Café, kann ein guter Impuls für Neues sein.
Kleingruppen sind das lebendige Rückgrat der Gemeindearbeit – also, sie können es jedenfalls sein. Allerdings stecken manche nach einer Weile fest. Was tun?

Es hatte so schön angefangen: Als junge Familien in der Gemeinde waren sie zusammengekommen und hatten den Dienstagabend zu «ihrem» Abend gemacht; Hauskreis war angesagt. Sie sangen und beteten. Sie halfen sich gegenseitig durch Kindergartenprobleme, die Einschulung und die Pubertät ihrer Kids. Sie lernten voneinander, wie man glauben und selbst dann noch weiterglauben kann, wenn es einem gar nicht danach ist. Jahrelang war der Hauskreis ein Ankerpunkt in ihrem persönlichen Leben, eine Tankstelle, etwas besonders Schönes. Das änderte sich nicht von heute auf morgen, der Prozess war eher schleichend. Aber irgendwann war der Mittelpunkt ihrer Woche zu einem blossen Termin geworden. Keiner blieb weg, aber ihre Begeisterung war verschwunden. Wo früher Leben pulsierte, war jetzt Eintönigkeit. Und wenn einer sagte «Lasst uns doch mal die Bibel aufschlagen», dann schien es schon vorher klar, wie sich das anschliessende Gespräch entwickeln würde. Wer was sagen würde – und wer lieber schwieg. Selbst die anschliessenden Gebetsanliegen hätte man schon vor Beginn wissen können.

Klingt das vertraut? Ein kleines bisschen wie dein Hauskreis? Dann können dir die folgenden Zeilen zwei Dinge verraten: Du bist nicht allein mit dieser Erfahrung. Und: Es gibt Auswege aus dieser Situation.

Willkommen in der Routine

Ein erstes Treffen als neue Gruppe ist durchaus aufregend. Werden die verschiedenen Typen zusammenpassen? Wird alles funktionieren wie geplant? Hauskreise oder Kleingruppen in der Kirche und Gemeinde bilden da keine Ausnahme. Aber auch für sie gilt: Was zweimal neu war, ist beim dritten Treffen bereits Tradition. Und es ist wichtig zu erkennen, dass das sehr gut ist. Das beginnt beim gefundenen gemeinsamen Termin, der meistens nicht von Woche zu Woche neu verhandelt wird. Der Schwerpunkt der Gruppe – Bibelarbeit, Gemeinschaft, Gebet oder Reden über verschiedene Themen – bestimmt ein Stück weit den Ablauf, der auch meist dem gleichen Muster folgt. Es entsteht Vertrautheit, die den Teilnehmenden ein sicheres Gefühl gibt: In diesem Rahmen können sie sich öffnen.

Das Problem ist jedoch, dass sich aus diesen eher positiven Routinen auch negative entwickeln. Wer zwei- oder dreimal wenig beigetragen hat, gewöhnt sich an die Rolle des Schweigers. Und ohne konkrete Herausforderung neigen die meisten Anwesenden dazu, in den gleichen Denkmustern zu bleiben. Da spielt es kaum eine Rolle, ob man übers Markusevangelium spricht oder Haggai liest: Die Kommentare der Einzelnen hören sich oft ähnlich an wie das letzte Mal und die Male davor. Was zu Beginn eine positive Verletzlichkeit war, ist der Vorhersehbarkeit gewichen.

Re-focus

Wenn du merkst, dass die negativen Seiten der Routine überhandnehmen und dein Hauskreis eher Bequemlichkeit statt Begeisterung vermittelt, dann ist es Zeit für einen «Re-focus»-Prozess. Das steht einfach dafür, dass du das wieder in den Blick nimmst, was einmal im Mittelpunkt stand. Dein Auge ist ständig und automatisch damit beschäftigt, sich zu refokussieren, wieder scharfzustellen; der Autofokus deiner Kamera tut dasselbe. Als Gruppe, die sich aus einem bestimmten Grund trifft, müsst ihr diesen Prozess allerdings bewusst starten – er wird nicht von selbst beginnen. Hierbei ist entweder die Leitung gefragt oder engagierte Teilnehmende. Und die erste Hürde ist es, die Unzufriedenheit mit dem aktuellen Zustand zur Sprache zu bringen, ohne Schuldzuweisungen damit zu verbinden. Und dann die Bequemlichkeit des «irgendwie läuft es ja doch weiter» zu durchbrechen und etwas Neues zu versuchen. Meist ist das kein Schritt zurück zu dem, was den Hauskreis vor drei oder dreizehn Jahren einmal ausgemacht hat. Aber es ist durchaus das Überlegen, wofür die Herzen der Teilnehmenden schlagen. Die folgenden Fragen können dir dabei helfen, dir über deine Kleingruppe klarer zu werden – und vor allem als Hauskreis darüber ins Gespräch zu kommen.

Fragen und Gedanken, die weiterhelfen können

  • Wofür seid ihr einmal angetreten? War es Evangelisation, Gemeinschaft oder geistliches Wachstum? Ist das noch euer Ziel? Wie erreicht ihr es heute? Wie könnt ihr euch gegenseitig dabei unterstützen?
  • Ihr habt euch verändert und lebt jetzt in anderen Situationen als früher. Was hat Gott heute mit euch als Gruppe vor? Ihr müsst nicht durch eine inzwischen verschlossene Tür gehen, wenn daneben eine andere offensteht.
  • Manche Änderung geschieht von aussen nach innen. Wechselt den Treffpunkt – geht in ein Café, macht einen Spaziergang oder esst gemeinsam. Abwechslung kann ein guter Impuls für Neues sein.
  • Seid ehrlich miteinander und mit euch selbst. Manches hat seine Zeit und kommt irgendwann an ein Ende. Es wäre kein Weltuntergang, einen Hauskreis aufzulösen – besser als ihn künstlich am Leben zu erhalten.
  • Arbeitet an tieferer Kommunikation: persönlich statt höflich. Sprecht über eure Schwierigkeiten genauso wie über Erfolge (hier hat die Leitungsperson eine wichtige Vorbildfunktion!). Steigt zum Beispiel mit der Frage ein: «Was war diese Woche deine grösste Herausforderung?» oder: «Wo hast du Gott heute besonders gespürt?»
  • Ladet andere Leute in den Hauskreis ein und öffnet euch für neue Leute und Perspektiven.
  • Betet für Leidenschaft statt für Anwesenheit. Es geht nicht darum, den Hauskreis besser zu managen: Gott war schon immer derjenige, der Leben geschenkt und Aufbruch möglich gemacht hat. Keine Kleingruppe ist immun gegen Routine, aber jede kann ihre Vitalität zurückgewinnen. Gebet ist definitiv ein Schlüssel dafür.

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Autor: Hauke Burgarth
Quelle: Livenet

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