Das Geheimnis ist die «Kraft von oben»

Stephan Urfer
Stephan Urfer ist reformierter Pfarrer, sein Werdegang untypisch. Er führte über Gesangsstudium, Afrika-Aufenthalt und verschiedene theologische Richtungen bis zum Leben in einem Kloster.

Schon früh fühlte sich Stephan Urfer von Musik angezogen, besonders von Gesang. Er wurde gefördert und aufgrund seines Talents für ein Musikstudium am Konservatorium zugelassen. Gottesbegegnungen und ein Aufenthalt in Ghana wiesen Stephan in eine neue Richtung, bis zum Pfarramt in Kerzers war es aber ein langer Weg.

Gesangskariere und Gottesbegegnung

Heute ist Stephan froh, sowohl katholische wie auch evangelische Theologie studiert zu haben. Auch seine Berührung mit dem Mönchtum in Irland und verschiedenen Freikirchen verschafften ihm einen weiten Horizont. Ein gottgeweihtes Leben im Kloster oder die Gemeinschaft pietistischer Gemeinden, die ihren Glauben persönlich und alltagsrelevant leben – vieles, das diese Glaubensrichtungen prägt und ausmacht, weiss Urfer heute zu schätzen.

«Die 'Kraft von oben' muss praktisch erfahrbar werden.»

«Auf meinem Weg habe ich in den christlichen Gemeinschaften viele Schätze entdeckt und es ist mein tiefstes Anliegen, das Geistliche in die Kirche zurückzuholen.» Solange die «Kraft von oben» nicht praktisch erfahrbar wird, ist der Glaube fürs alltägliche Leben bedeutungslos.

Verlorene Gotteserkenntnis

Der Mensch ist ein vielschichtiges Wesen, bestehend aus Verstand, Intuition und Emotionen. Die verschiedenen Glaubensrichtungen betonen oftmals eine dieser Ebenen auf Kosten der anderen. «Wenn Intuition und Emotionen fehlen, kann es genauso einengend werden, wie wenn der Verstand ausgeschaltet werden muss.» Mit Bedauern beobachtet Stephan, dass in Konzerten oder sogar im Kino oft mehr Spiritualität zu finden ist als in der Kirche. «In der heutigen Zeit haben wir schier uneingeschränkten Zugang zu Informationen, zugleich ist unsere Sicht auf die Welt wohl so begrenzt wie nie zuvor.

«Wir erkennen nur noch als Realität, was wir mit unseren Augen sehen.»

Wir erkennen nur noch als Realität, was wir mit unseren Augen sehen.» Trotz enormem Wissen bleiben Menschen leer, tappen auf der Suche nach Wahrheit hilflos umher. «Wahre Gotteserkenntnis ging in den vergangenen Jahrzehnten stark verloren.» Dabei liefere der christliche Glaube Antworten für suchende Menschen. Stephan spricht von einer realen, transzendenten Kraft, mit der Gott Menschen verändere – eine Kraft, die er selbst erfahren habe.

Raum, um Gott zu begegnen

Als Musiker liegt Stephan die Verbindung von Musik und Spiritualität nahe und als Pfarrer ist es sein Anliegen, dass Menschen die Bibel lesen und mit den wichtigen theologischen Begriffen vertraut werden. So findet vierzehntäglich die «Wunderstunde Bibel und Theologie» statt. Hier soll nach-gefragt werden können. «Keine Frage ist dumm, nichts ist tabu.» Mit verschiedenen Anlässen sollen alle Ebenen des Menschseins angesprochen werden. Jeden Freitag gibt es eine Abendfeier. «Es geht darum, in die Stille einzutreten und Raum für die Begegnung mit Gott zu schaffen.»

Wer durchs Dorf läuft, weiss dass er jederzeit ein Café betreten kann und bedient wird. Genauso sollen die Leute wissen: Die Kirche ist jeden Tag offen. Jeden Mittwoch von 9-11 Uhr steht ein Pfarrer in der Kirche für ein kurzes Gespräch oder Gebet zur Verfügung.» Echte Begegnung gehört zu einem ganzheitlichen Glauben dazu. «So hilft auch das Pfarrhaus Café an den Samstagvor-mittagen, soziale Kontakte zu pflegen und Vertrauen aufzubauen.»

Zur Person

Einer meiner Lieblingsplätze in Kerzers:
Die Kirche oder das Papiliorama

Meine Lieblingsbeschäftigung an verregneten (Sonntag-)nachmittagen:
Lesen, Schreiben

Meine Lieblingsmusik:
Alles, was nicht zu laut und zu nervös ist.

Auf diese App möchte ich auf keinen Fall verzichten:
Ich möchte am liebsten auf alle verzichten!

 

Autor: Markus Richner-Mai
Quelle: Hope-Zeitungen