Dienstag, 30. April 2024

«Bleib bei mir, Mama!»

Melanie Owen erlebte eine schwierige Kindheit. Als sich die Beziehung zu ihrer Mutter kittete, starb diese 36-jährig an Krebs. Nun wird Melanies Geschichte im Musical «Life on Stage» auf die Bühne gebracht.

Melanie Owen kam 1987 in Pforzheim DE zur Welt. Über ihre Kinderjahre sagt sie: «Ich wurde von zwei Elternteilen grossgezogen, die selbst zerbrochen waren. Als meine Eltern sich scheiden liessen, war ich neun Jahre alt und litt sehr unter der Situation. Vor allem die Verbindung zu meiner Mutter fehlte mir.» Melanie war mitten in der Pubertät, als sich die Beziehung der beiden verbesserte. Die Freude währte kurz. Ihre Mutter erkrankte an Krebs.

Zweifel und Klage

Melanie, damals 14, erinnert sich: «In mir stauten sich Ärger und Unverständnis. Ich hatte Angst, konnte und wollte mir nicht vorstellen, dass meine Mutter bald nicht mehr da sein würde. Als sie krank wurde, telefonierte sie häufig mit der Schwester meines Vaters, die gläubig ist...»

«Ich hatte Angst, konnte und wollte mir nicht vorstellen, dass meine Mutter bald nicht mehr da sein würde.»

Melanie selbst zweifelte zu jener Zeit, dass es Gott gibt, zugleich klagte sie ihn an. Die junge Frau fährt fort: «Gott begegnete mir genau in dem Moment, als meine Mutter starb. Ich war nicht vor Ort, sie wollte dies nicht. Ich wurde weggeschickt in ein Camp.

«Ich schrie Gott an»

Dort wollte Melanie für sich sein. Sie erzählt weiter: «An jenem Abend sonderte ich mich ab und schrie Gott an. Plötzlich hatte ich eine Vision. Ich sah meine Mutter im Krankenbett liegen, Jesus war bei ihr. Mir stand auch die Bibelstelle aus der Kreuzigungs-Szene vor Augen, in der es heisst: ‹Siehe, heute wirst du mit mir im Paradies sein› (Lukas-Evangelium, Kap. 23, Vers 43). Ich hatte einmal begonnen gehabt, in der Bibel zu lesen, aber beim dritten Buch Moses auf- gehört. Auf einmal wurde ich ganz ruhig und fühlte mich sicher. Wie aus einer Trance heraus kehrte ich zurück ins Zelt, erfüllt von Frieden. Meine Armbanduhr zeigte 1:45 Uhr.»

Die Vision

Am Morgen erhielt Melanie die Nachricht, dass ihre Mutter verstorben sei – exakt um 1:42 Uhr. Melanie war klar: «Da hatte Gott gewirkt!» Zuhause nahm die Schwester ihres Vaters Melanie zur Seite: «Meine Tante begann zu erzählen: ‹In dieser Nacht ist etwas passiert...› Es zeigte sich, dass wir dieselbe Vision gehabt hatten. Mein eigenes Erleben war für mich intensiv und klar genug, das Nachdoppeln meiner Tante nun eine grosse Bestätigung. Auch zu wissen, wo meine Mutter nun ist, half mir sehr.»

«Gut gemeint kam bei mir nicht immer gut an. So entwickelte ich eine rebellische Haltung.»

Der Wendepunkt

Die Vision bezeichnet Melanie als Wendepunkt in ihrem Leben: «Mitten im Verlust habe ich etwas so viel Grösseres gefunden. Nicht dass nun alles gut war, aber dieses Erlebnis brachte Versöhnung mit meiner Vergangenheit. Ich wurde frei!» Von da an wohnte Melanie bei ihrer Tante und ihrem Onkel unter einem Dach. Der Altersunterschied betrug 40 Jahre und ihr liberaler, anti-autoritärer Hintergrund stiess auf einen fürsorglichen Hort. Melanie sagt dazu: «Es gab gewisse Kämpfe. Gut gemeint kam bei mir nicht immer gut an. So entwickelte ich eine rebellische Haltung.»

Die Erkenntnis

Zwei Jahre später zog Melanie zu ihrem Vater, der erzieherisch gar keine Linie hatte. «Wir wohnten wie in einer WG. Ich ging weiterhin in die christliche Jugendgruppe, war auf der Suche nach meinem Platz im Leben. Ich fragte mich, wie ich meinen Glauben leben sollte, fühlte mich hin- und hergerissen zwischen zwei Welten.»

«Dieses Erlebnis brachte Versöhnung mit meiner Vergangenheit.»

Auf einer Israel-Reise hatte sie dann ein Schlüsselerlebnis: «In Jerusalem hörte ich den Muezzin rufen und zugleich die Kirchenglocken läuten. Genauso fühlte ich mich. Mitten in diese Dissonanz sprach Gott leise zu mir. Da erkannte ich, dass ich in dieser Welt seiner Stimme folgen und vertrauen kann. Er liebt mich vorbehaltlos. Was zählt, ist die Verbindung, die Freundschaft mit ihm.» (dg./mhe.)

Melanies Geschichte als Musical

Das Erleben von Melanie Owen wird auch 2022 in Deutschland und der Schweiz wieder als Musical aufgeführt; unter anderem am 18./19. November 2022 in Zofingen (Details dazu auf lifeonstage.com). Über Melanies schwierige Kindheit ist das Buch «Bleib bei mir, Mama» erschienen. Die gelernte Pflegefachfrau ist heute veheiratet und lebt mit ihrem Mann Andy Owen, einem US- Schweizer, in Emmenbrücke. Die beiden haben vier Kinder. Andy ist Pastor und leitet das Christliche Zentrum Zollhaus. Auch Melanie bringt sich in der Gemeindearbeit mit ein – im Bereich Gebet und in der Frauenarbeit. Zusammen mit einer Freundin hat sie den Podcast «Onder üs – der Frauenpodcast» gestartet. Mit ihren Botschaften möchten sie anderen Menschen Orientierung und Hoffnung vermitteln.

Melanie Owen über ihre Erfahrungen nach den Musical-Aufführungen von 2021:

«Ehemalige Schulkolleginnen haben sich gemeldet, auch Leute aus meinen Kinder- und Jugendjahren. Meine Geschichte hat viele Türen geöffnet zu Kollegen und Bekannten und führt noch immer zu manch tiefem Gespräch. Allein deswegen hat sich das alles gelohnt. Die Musical-Aufführungen und das Buch sind wunderbare Mittel, den Menschen meine Erlebnisse mit Gott nahe- zubringen. Auch aus meiner Nachbarschaft erhielt ich Reaktionen von Betroffenen, die selbst Angehörige verloren haben und durch meine Erlebnisse getröstet wurden. Es ist meine Geschichte, es ist ein Teil von mir. Für mich sind die damals kaputten Beziehungen – darauf werde ich sehr häufig angesprochen – heute in Ordnung. Zum Tod meiner Mutter 2002 habe ich Abstand gewonnen. Noch immer erlebe ich wehmütige, schmerzhafte Momente. Doch ich habe gelernt, damit umzugehen und kann heute gut über diese Zeit meines Lebens sprechen.»

Zur Person:

Meine Lieblingsbeschäftigung an verregneten (Sonntag-)nachmittagen:
Mittagsschlaf mit der Familie, Tee trinken oder Dokfilme schauen

Meine Lieblingsmusik:
LOVKN, Switchfoot, Worship von Hillsong

Auf diese Apps möchte ich auf keinen Fall verzichten:
WhatsApp und Google

Autor: Daniel Gerber / Manuela Herzog
Quelle: HOPE-Regiozeitungen