Über 60 Christen in Nigeria ermordet
«Mehr als 1’000 Christen wurden allein in Hurti vertrieben, und 383 Häuser von diesen Banditen zerstört», sagte Augenzeuge Aradong. «Die Angriffe begannen am Mittwoch, dem 2. April, gegen 15 Uhr, als bewaffnete muslimische Fulani-Hirten auf Motorrädern in grosser Zahl unsere Gemeinden überfielen.» Die Angreifer zerstörten auch Lebensmittelvorräte und plünderten andere Besitztümer.
Farmasum Fuddang, Vorsitzender des «Bokkos Community Development Council» (BCDC), berichtete, dass am ersten Tag 21 Christen getötet wurden, am nächsten Tag weitere 40 – insgesamt also über 60 Todesopfer in nur zwei Tagen. «Diese Terroranschläge wurden von Fulani-Milizen verübt, die gezielt die christlichen Gemeinden Ruwi, Mangor, Tamiso, Daffo, Manguna, Hurti und Tadai angriffen», erklärte Fuddang.
«Genozid»
Plateaus Gouverneur Caleb Mutfwang sprach in einem Interview mit «Arise News» offen von Genozid: «Ich sage es unverblümt: Was in den letzten zwei Wochen in Bokkos geschehen ist, ist ein Genozid. Es waren unprovozierte Angriffe auf unschuldige, wehrlose Menschen.»
Er wies darauf hin, dass die Angriffe immer zu Beginn der Landwirtschaftssaison stattfinden, dann während der Anbauzeit nachlassen und zur Erntezeit wieder aufflammen. «Es scheint ein gezielter Plan zu sein, die Menschen dauerhaft in Armut zu halten und ihnen die Lebensgrundlage zu entziehen», so Mutfwang.
Viele der betroffenen christlichen Bauern werden für drei bis fünf Jahre von ihrem Land vertrieben, das dann von überwiegend muslimischen Fulani-Hirten besetzt wird. «Obwohl einige die Landnahme bestreiten, gibt es bisher keine Gegenbeweise», sagt er.
Manche Angriffe abgewehrt
Militärsprecher Major Samson Zakhom bestätigte Angriffe auf die Dörfer Tamiso, Daffo, Manguna, Tadai und Hurti. Soldaten hätten mehrere der Angriffe abwehren können und seien weiterhin im Einsatz, um die Täter aufzuspüren. Bei Kämpfen am 3. April wurden unter anderem eine selbstgebaute Pistole, Munition und vier Motorräder beschlagnahmt.
Amnesty International forderte die nigerianische Regierung auf, die Gewalt im Bundesstaat Plateau zu beenden und den Opfern Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. In einer Erklärung sprach die Organisation von «systematischen Massenmorden und staatlichem Versagen».
Allein zwischen Dezember 2023 und Februar 2024 wurden laut Amnesty mindestens 1’336 Menschen in Plateau getötet worden – besonders betroffen seien die Bezirke Mangu, Bokkos und Barkin-Ladi. «Viele Dorfbewohner haben uns berichtet, dass sie bei den Angriffen keine Hilfe von den Sicherheitskräften erhalten haben – obwohl sie diese vorher informiert oder während der Übergriffe um Hilfe gebeten hatten», so Amnesty. «Dass bisher niemand für die Massaker zur Rechenschaft gezogen wurde, lässt die betroffenen Gemeinden völlig schutzlos zurück.»
Viele Leben gekostet
Pastor Tongsmangs Dasbak, ein christlicher Leiter in Plateau, bezeichnete die Situation als katastrophal: «Die anhaltenden Angriffe der Fulani-Hirten haben viele Leben gekostet, Eigentum zerstört und ganze Gemeinden entwurzelt.» Vor allem Frauen, Kinder und alte Menschen würden bei den nächtlichen Überfällen oft gezielt getötet. «Ganze Familien wurden ausgelöscht – das soziale Gefüge ist tief erschüttert.»
Häuser, Schulen, Kirchen und Märkte seien niedergebrannt worden, viele Überlebende lebten heute in Flüchtlingslagern. «Ohne gezielte militärische Massnahmen wird sich die Lage weiter verschlechtern», warnte Dasbak. Er forderte den Einsatz von gut ausgerüsteten Sicherheitskräften und Geheimdienstoperationen, um die bewaffneten Netzwerke zu zerschlagen.
Ähnlich wie Boko Haram und IS
Die Fulani gehören zu den grössten ethnischen Gruppen Westafrikas und setzen sich aus Hunderten von Clans unterschiedlicher Abstammung zusammen. Während viele von ihnen friedlich leben, schliessen sich einige radikalen islamistischen Ideologien an, wie ein Bericht der britischen Parlamentskommission für Religionsfreiheit bereits 2020 feststellte. «Sie verfolgen eine ähnliche Strategie wie Boko Haram oder ISWAP mit dem klaren Ziel, Christen und christliche Symbole zu vernichten», heisst es in dem Bericht.
Nigerianische Christen glauben, dass die Angriffe auf christliche Gemeinden in Zentralnigeria Teil eines Plans sind, Land zu stehlen und die Islamisierung voranzutreiben – auch weil die fortschreitende Wüstenbildung den Hirten immer mehr Lebensraum nimmt.
Nach dem Weltverfolgungsindex 2025 von Open Doors ist Nigeria eines der gefährlichsten Länder für Christen (Platz 7). Von den weltweit 4'476 Christen, die wegen ihres Glaubens getötet wurden, starben allein 3'100 (69 Prozent) in Nigeria.
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