Ägyptens Christen unter ständigem Druck
Ägypten hat rund 111 Millionen Einwohner, von denen etwa 90 Prozent sunnitische Muslime und zehn Prozent (rund elf Millionen Menschen) Christen sind. Trotz dieser grossen Zahl und obwohl die ägyptische Verfassung offiziell Religionsfreiheit garantiert, sehen sich Christen in Ägypten erheblicher Verfolgung durch die muslimische Mehrheit ausgesetzt.
Die Anwältin Lizzie Francis Brink, Rechtsberaterin für weltweite Religionsfreiheit bei «ADF International», erklärte, dass die meiste Verfolgung in Ägypten nicht direkt von der Regierung ausgehe, sondern von der muslimischen Mehrheitsbevölkerung: «Ägyptens Christen gehören zu den Verfolgten. Sie leben in einem Land voller antiker Wunder und reicher Geschichte – und doch erleben sie täglich Diskriminierung, strenge Restriktionen und sind dem ständigen Druck ausgesetzt, ihren Glauben zu verbergen. Obwohl Ägypten ein kultureller und historischer Riese in Afrika ist, bleibt es für viele Gläubige ein ständiger Kampf.»
Viele Gesichter der Verfolgung
Lizzie Francis Brink erfuhr, dass die südlichen Regionen des Landes besonders schwierig sind, da sie stärker von islamistischen Extremistengruppen wie der salafistischen al-Nour-Partei beeinflusst werden, die dort trotz offizieller Verbote eine starke Präsenz haben.
Christen, vor allem in ländlichen Gebieten, sind mit allem konfrontiert, von Diskriminierung am Arbeitsplatz und Mobbing in der Schule bis hin zu sexueller Gewalt und Bombenanschlägen. Die Behörden sehen oft weg und tun wenig, um den Bau neuer christlicher Gotteshäuser zu ermöglichen.
Konvertiten unter besonderem Druck
Der Staat macht einen offiziellen Religionswechsel vom Islam zu einer anderen Religion praktisch unmöglich. Zudem werden Konvertiten häufig von Sicherheitskräften verhaftet und können mit den Blasphemiegesetzen des Landes in Konflikt geraten. Zudem droht ihnen die Ausgrenzung durch Familie und Gemeinschaft.
Ein solcher Fall, den Lizzie Francis Brink hervorhob, ist der von Abdulbaqi Abdo. Abdo ist ein aus dem Jemen stammender Konvertit zum Christentum. Er wurde 2021 wegen «Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung in Kenntnis ihrer Ziele» und «Verachtung der islamischen Religion» verhaftet. In Wirklichkeit hatte er nur an einer Facebook-Gruppe für muslimische Konvertiten teilgenommen.
Abdo wurde im berüchtigten ägyptischen Gefängnissystem hin und her verlegt und durfte oft weder seine Familie noch sein Anwaltsteam sehen. Im vergangenen Jahr kündigte er einen Hungerstreik und die Verweigerung medizinischer Behandlung an.
Mutig und standhaft
Glücklicherweise setzte sich ADF International bei der UN-Arbeitsgruppe für willkürliche Inhaftierungen für ihn ein. Daraufhin wurde Abdo im Januar freigelassen und ist inzwischen in ein anderes Land gezogen. ADF unterstützt ihn weiterhin, da sein Fall offiziell noch nicht abgeschlossen ist.
Lizzie Francis Brink traf bei ihrem Besuch sowohl Christen als auch Anwälte. Sie lobte deren Mut und Standhaftigkeit. «Ägyptens Christen stehen unter ständigem Druck – durch diskriminierende Gesetze, gewalttätige Übergriffe und systemische Ungerechtigkeit. Trotz verfassungsrechtlicher Versprechen und internationaler Abkommen zum Schutz der Religionsfreiheit stehen sie vor enormen Herausforderungen», sagte sie. «Doch angesichts solcher Schwierigkeiten sind der Mut und die Widerstandskraft der christlichen Gemeinschaft in Ägypten ein kraftvolles Zeugnis für die bleibende Hoffnung des Evangeliums. Während meiner Reise konnte ich diese Hoffnung mit eigenen Augen sehen.»
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