Grosse Bühne auf Berner Gurten für umstrittenen US-Rapper
Einen Monat, nachdem die Worship-Band «Columbus» sich beim Livenet-Jubiläum auf dem Gurten die Ehre gab, steht auf dem Berner Hausberg ein anderer Act auf der Bühne: Am Mittwoch, 16. Juli, steht Macklemore auf der Hauptbühne am Berner Gurtenfestival. Der US-Rapper hatte zuvor mit Holocaust-Verharmlosung, dem Dämonisieren von Juden und Israel schockiert.
«Eskalationen wie kürzlich an Festivals in den USA und Grossbritannien sowie am ESC in Basel sind kein Anlass für Massnahmen zur Gewaltprävention», schreibt das jüdische Wochenmagazin «Tachles». Das Magazin zitiert Nadine Brönnimann, Mediensprecherin des Gurtenfestivals, die verlauten liess: «Es gibt keinen Grund, diese Diskussion, zu der alles gesagt ist, eine Woche vor dem Festival wieder aufzunehmen. Wer das versucht, handelt offensichtlich mit dem einzigen Ziel, zu provozieren und Menschen zu spalten.»
Hakennase und Nazi-Vergleich
Die Verfasserin des «Tachles»-Artikels, Hannah Einhaus, analysierte den Macklemore-Songtext «Hind’s Hall», ein pro-palästinensischer Rap, der im Mai 2024 an den pro-palästinensischen Uni-Besetzungen in den USA Hymnenstatus erreicht hatte. «Das Problem sind nicht die Proteste, sondern das, wogegen sie protestieren. Es geht gegen das, was unser Land finanziert. Blockiert die Barrikade, bis Palästina frei ist», sang er laut «20 Minuten».
Und weiter: «Bereits 2014 trat er als orthodoxer Jude mit Perücke und Bart verkleidet auf die Bühne und trug dabei eine überdimensionierte Hakennase. Und er scheute nicht davor zurück, Israels Vorgehen im Gazastreifen mit dem der Nazis gegen die Juden zu vergleichen.»
«Jüdisch kontrollierter US-Staat»
In einem offenen Brief am 15. April an die Gurten-Hauptsponsorin «Migros» sowie die Veranstalterin «Gurtenfestival AG» legte Hannah Einhaus zahlreiche Stellen offen, welche bei der Kritik an Israel die Grenze zu Antisemitismus und Judenhass überschreiten.
Mehrfach lieferte Macklemore ausserdem propalästinensische Propaganda und übte Kritik am «jüdisch kontrollierten» US-Staat, wie die «NZZ» berichtet.
Terror verherrlicht
Hannah Einhaus berichtet im «Tachles»-Artikel von Doppelstandard, Delegitimierung, Dämonisierung, die in diesem Songtext erkennbar seien. «Kritisiert wird Macklemore auch, mit Appellen zum ‘Widerstand’ nicht nur den Hamas-Terror, sondern auch den Überfall auf das Supernova-Festival zu verherrlichen, ein friedliches Festival wie auf dem Gurten.»
Unterzeichner von SP bis SVP
Im offenen Brief «Keine Hetze auf dem Güsche» forderten Unterzeichner von SP bis SVP, den Rapper auszuladen oder den Auftritt «an Bedingungen zu knüpfen», also zum Beispiel keine Palästina-Songs zu performen.
«Festival-Verantwortliche haben bei den Vorbereitungen zu solchen Aktionen der Judenhetze die Wahl», heisst es in einem Mail an den Hauptsponsor und an die Festvial-Organisatoren. «Sie können wegschauen und alles geschehen lassen. Oder Sie können hinschauen und solches verhindern.» Sollten die einen «Free Palestine»-Parolen rufen und Palästina-Fahnen schwenken können, werde für andere der Gurten zum «No place to go», wie dies in Bern bereits an einigen Kulturorten der Fall sei, berichtet «Tachles».
Werden sich Juden unwohl fühlen?
Im Musikvideo zu «f*ucked up» stellt Macklemore das Bild von einem Kind aus dem Warschauer Ghetto neben eines von einem Kind aus Gaza. «Dadurch werden die Schrecken des Holocaust verharmlost, denn die zielgerichtete Auslöschung der Jüdinnen und Juden durch das Nazi-Regime ist historisch singulär», wird der «Schweizerische Israelitische Gemeindebund» (SIG) bei «SRF» zitiert.
Der «SRF»-Bericht schliesst mit den SIG-zitierenden Worten: «Das Gurtenfestival sei frei bei der Auswahl seiner Künstler. Er gehe aber davon aus, dass es Massnahmen gebe, um Hetze zu vermeiden. Denn Macklemores Songs, so die Sorge, mit ihren harten Beats, der aggressiven Sprache und den gewaltsamen Bildern der Videos, könnten Emotionen schüren und die Stimmung derart anheizen, dass sich jüdische Menschen im Publikum nicht mehr wohlfühlen. Darauf muss ein Festival vorbereitet sein.»
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