Wie ist es im Himmel?
Es weht ein leichter Wind, während die Sonne am Horizont versinkt und die sanften Hügel in weiches Abendlicht taucht. Die Luft riecht nach Sommertag, nach weiten Feldern und schattenkühlem Wald. Ich laufe barfuss über das noch sonnenwarme Gras, doch als hinter der Wegbiegung die Blockhütte sichtbar wird, bleibe ich stehen. Mein Herz hämmert. Dann beginne ich zu rennen, schneller, als ich dachte, dass ich es kann. Und er kommt mir entgegen. Jesus. Auch er wird schneller, breitet seine Arme aus und ich fliege förmlich hinein, verliere mich in seiner Umarmung. Ich höre ihn glücklich aufseufzen und mich heiser Schluchzen. Es dauert lange, bis ich mich so weit von ihm lösen will, dass er mich an die Hand nehmen und mit mir zur Hütte gehen kann. Davor steht ein langer Tisch. Eine Festtafel, gedeckt mit unzähligen Tellern und dekoriert mit Sommerblumen und Kerzen. Und an diesem Tisch: Menschen. Meine Lieblingsmenschen. Sie sind alle da: Meine Eltern, die ich seit ihrem Tod so schmerzlich vermisst habe. Mein kleiner Bruder, der nie geboren wurde und den ich trotzdem erkenne. Freunde, Bekannte, Verwandte, Fremde, die plötzlich keine Fremden mehr sind. Alle die mir vorausgegangen sind. Alle sind da. Die Begrüssung ist herzlich, stürmisch und freudentränenreich. Als wir uns endlich zum Essen setzen, ist es glitzernde Nacht. Die Kerzen und kleine Feuer brennen, das Essen duftet und Er hebt das Glas, spricht einen Toast und ein Gebet. Alle unsere Blicke hängen an Ihm, unsere Ohren an seinen Worten. Er ist schön. Nicht nur äusserlich, sondern durch und durch. Ich habe noch nie einen so warmen und starken Blick gesehen. Liebevoll und präsent. Gerecht und sanft. Ich habe Herzklopfen, schlimmer als bei meiner ersten Jugendliebe und gleichzeitig das beruhigende und feste Gefühl, dass wir für immer zusammen sein werden. Dieses Gefühl wird nicht verblassen, sich nicht verdrehen oder verkümmern. Es ist. So wie er ist. Wie ich bin. Wir gehören zusammen, untrennbar. Ich bin geliebt und ich liebe ihn. Und ich liebe die Menschen um mich herum. Meine ewige Familie. Und während über uns die Lampions anfangen zu leuchten und wir mit dem Essen beginnen, weiss ich, dass ich angekommen bin. Zu Hause.
Einfach nicht vorstellbar
Das ist meine Version des Himmels. Wenn mich jemand fragt, was nach dem Tod passiert, dann ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass ich diese oder eine ähnliche Geschichte erzähle.
Natürlich kann man mir nun mit biblischen Argumenten kommen, die mir darlegen, warum mein Himmelsbild an vielen Stellen hinkt bzw. schlicht falsch ist: Es gibt keine Nacht mehr. Und es gibt keine Tränen – auch keine Freudentränen (man könnte aber theologisch darüber diskutieren, ob es die nicht doch gibt). Es geht im Himmel nicht um eine Blockhütte am Waldrand, sondern um eine Stadt. Und es ist kein Wiedersehensabendessen, sondern ein Hochzeitsmahl.
Das Problem, das ich mit vielen anderen Christen teile, ist: Der Himmel ist für uns Menschen schlicht nicht vorstellbar. Und diese Tatsache bestätigt auch die Bibel: Wir können den Himmel jetzt noch nicht begreifen. Dennoch spricht sie an verschiedenen Stellen davon und versucht, uns sein Wesen und seine Schönheit zu vermitteln. Sie bedient sich dazu Bildern, Vergleichen und Beispielen aus unserer Welt, um uns das Unvorstellbare zumindest ein Stück weit nahezubringen.
Alte Bilder neu erschliessen
Doch hier stossen wir auf das nächste Problem: Viele der biblischen Bilder sind mehrere tausend Jahre alt und bedeuten für uns heute nicht mehr automatisch das Gleiche wie für die Menschen damals. Wir müssen uns diese Bilder erst erschliessen. Für mich bedeutet das an vielen Stellen: Studienbibel, Wörterbücher und Bibelkommentare hervorholen und erst mal recherchieren. Aber gerade, wenn es um die Ewigkeit geht, möchte ich nicht nur intellektuell verstehen und theologisch nachvollziehen, sondern vor allem emotional begreifen. Ich sehne mich danach, dass meine Seele zur Ruhe kommt und in mir der Funke der Hoffnung und Vorfreude auf das, was kommt, erglüht.
Die Hoffnung auf eine wunderschöne Ewigkeit. Dabei ist «Ewigkeit» im biblischen Denken – anders als in unserem Verständnis – nicht nur ein zeitlicher Begriff. Es ist auch ein Qualitätsbegriff. Denn sind wir ehrlich: Die Ewigkeit an einem falschen Ort und mit den falschen Menschen ist sicherlich nicht der Himmel, sondern das genaue Gegenteil davon.
Genau deshalb benutzt die Bibel Bilder, um uns begreiflich zu machen, dass uns pure Qualität, Schönheit und Gemeinschaft erwarten. Unser grossartiger Gott schuf unsere Erde in nur sechs Tagen. Alles! Sogar die norwegischen Fjorde (für die er meines Erachtens einen Design-Award verdient hätte). Unsere himmlische Wohnung bereitet der Herr bereits seit 2000 Jahren vor! Das sind inzwischen mehr als 730'000 Tage. Das lässt für mich nur einen Schluss zu: Es wird (unvorstellbar) gut.
Meine Übersetzungshilfen
Bis es soweit ist und ich mir den Himmel nicht mehr vorstellen muss, sondern sehen und begreifen kann, nutze ich die Bilder der Bibel als das, was sie sind: Krücken, Gehhilfen, Wahrheitsträger. Und wo mir die Bilder emotional zu fern sind, suche ich nach eigenen Bildern, wie in der Geschichte oben. Natürlich in dem Wissen, dass meine Bilder die biblischen weder ersetzen dürfen noch werden. Aber sie dienen mir in ähnlicher Weise: als Krücken und Übersetzungshilfen, damit meine verwirrte Seele verstehen und vertrauen lernt.
Und für alle, denen die Bildersprache der Bibel und dieses Artikels zu viel ist, ein abschliessender und nicht bildhafter Gedanke: Der Himmel hat ein Gesicht. Wenn wir in der Ewigkeit die Augen aufschlagen, werden wir nicht auf eine anonyme, blankpolierte Goldwand starren, sondern in ein Gesicht sehen. In ein vertrautes und geliebtes Gesicht. Und vielleicht ist das auch alles, was wir vorerst über den Himmel wissen müssen.
Biblische Bilder über den Himmel
Hier findest du eine Auswahl an biblischen Bildern über den Himmel und was sie bedeuten. Falls die Bilder für dich etwas anderes vermitteln: Welche Bilder würdest du wählen?
Mauer: Schutz (Offenbarung Kapitel 21, Verse 12+17)
Offene Tore: es droht keine Gefahr (Offenbarung Kapitel 21, Vers 25; Kapitel 22, Vers 3a)
Goldene Stadt: wertvoll und rein (Offenbarung Kapitel 21, Verse 18+21)
Gemeinschaft mit Gott (Offenbarung Kapitel 21, Vers 3)
Hochzeitsfest: ewige Verbindung, intime Gemeinschaft und pure Freude (Offenbarung Kapitel 19, Verse 6-9)
Kein Hunger und kein Durst: volle Befriedigung (Offenbarung Kapitel 7, Vers 16)
Wohnort: Zuhause (Philipper Kapitel 3, Vers 20)
Vorbereiten/erwartet werden (Johannes Kapitel 14, Verse 2-4, Lukas Kapitel 10, Vers 20)
Ewiges Licht: keine Schrecken der Nacht mehr (Offenbarung Kapitel 21, Vers 23; Kapitel 22, Vers 5)
Keine Tränen: ungetrübte, ehrliche Freude (Offenbarung Kapitel 21, Vers 4)
Christine Kernstock lebt mit ihrem Mann in Waiblingen und arbeitet als Studienbegleiterin und Mentorin am BibelStudienKolleg. Unter nurheute.net erzählt sie aus ihrem Alltag mit Jesus. Ähnliche Impulse gibt es im Magazin JOYCE. Infos zum günstigen Jahresabogutschein des Magazins findest du hier.
Zum Thema:
Den Glauben entdecken
Starke biblische Bilder: Das Himmelreich im Senfkorn
Verschiedene Perspektiven: Die Galerie der Gottesbilder