Hoffnung und Zukunft für ukrainische Kinder

Marek Wnuk, 48 Jahre, verheiratet, hat drei Kinder, wohnt in Reichenbach
Nathalie und Marek Wnuk-Jeannerat aus Reichenbach sind seit 2000 in Osteuropa und Asien tätig. Ihr Herzensanliegen ist, Kindern in Notsituation zu helfen und neue Hoffnung zu schenken. Daraus entstand unter ihrer Leitung der Verein «Kiev Kids».

Das Wohlwollen, mit dem die ukrainischen Kinder nach Kriegsausbruch im Kandertal aufgenommen wurden, hat Marek Wnuk von «Kiev Kids» überwältigt. Die Bevölkerung und Schule in Reichenbach hätten grossartig auf die 14 Kinder aus der Ukraine reagiert. «Schulleitung und Lehrpersonen haben ihre gesamte Planung umgestellt. Die Kinder gehen hier in Reichenbach sehr gern zur Schule und sind fasziniert vom Schweizer Schulunterricht», berichtet der engagierte Pädagoge und Theologe.

«Die Kinder sind fasziniert vom Schweizer Schulunterricht.»

Eigentlich ist der Verein «Kiev Kids», den Marek Wnuk mit seiner Frau aufgebaut hat, auf die Arbeit mit Notleidenden Kindern und Waisen in Kiew ausgerichtet. Die Vision des Ehepaars war von Anfang an, Kindern Hoffnung zu geben. «Wir zeigen ihnen, dass sie trotz ihrer Vergangenheit ein gutes, erfülltes Leben führen können und dass sie wertvolle Menschen sind.»

Arbeit mit traumatisierten Kindern

Ursprünglich wollte sich das Ehepaar in Kamerun engagieren, doch die Berufung, mit Strassenkindern zu arbeiten, führte sie in die Ukraine. Das erste Projekt, Kinder von der Strasse in ihr Kinderheim «Sun- shine» aufzunehmen, misslang zunächst. Marek Wnuk erinnert sich: «Wir hatten keine Ahnung, wie wir mit diesen Kindern umgehen sollten.» Liebe, Wärme und ein schönes Zimmer seien nicht alles, was ein Kind brauche, damit die Wunden der Vergangenheit heilen. Wnuk fährt fort: «Die Kinder rebellierten, waren Pädagogen und Erwachsenen gegenüber misstrauisch und bereit, zurück auf die Strasse zu flüchten.» Heute weiss er, dass viele von ihnen unter einem posttraumatischen Belastungssyndrom litten. Daraufhin absolvierte Marek Wnuk eine Ausbildung zum Traumapädagogen. Von da an stand die Beziehung zu den Kindern im Vordergrund, erst danach kam die Erziehung. Es hiess, immer wieder zu vergeben, es nochmals zu versuchen und sich nicht provozieren zu lassen. «Sobald dieses Fundament gelegt ist, kann man an der Entwicklung der Kinder arbeiten», so Marek Wnuk. Langfristig sei eine Adoptiv- oder Pflegefamilie die beste Lösung, da feste Bezugspersonen Sicherheit und Stabilität geben.

Gemeinsames Essen im Kinderheim in Mülenen

«Kinderheim auf der Flucht»

In den letzten 10 Jahren war der «Kiev Kids»-Projektleiter immer wieder zwischen der Schweiz, der Ukraine und anderen ost- europäischen Ländern unterwegs gewesen, um sein Wissen weiterzugeben, besonders im Bereich Traumabewältigung. Nun habe sich die Arbeit des Ehepaars und des Vereins in die Schweiz verlagert. Als der Krieg im Februar 2022 ausbrach, ergriffen die Kinder und das Betreuungspersonal des Heims die Flucht. Ihre «Reise» aus der Ukraine in die Schweiz sei für alle Betroffenen belastend gewesen. Heute leben sie im neu eröffneten Kinderheim «Sunshine» in Mülenen. Marek Wnuk und seine Frau helfen auch ausserhalb ihres Heims geflüchteten Familien, Wohnungen und Möbel zu finden und haben einen ukrainischen Jugendklub eröffnet. Marek sagt: «Am Anfang war es für viele Mütter schwierig, die grosszügige Hilfe anzunehmen und sich hier niederzulassen, während ihre Männer in der Ukraine bleiben und für die Freiheit des Landes kämpfen müssen.» Er befürchtet, dass infolge des Krieges viele Menschen unter Belastungsstörungen leiden und Probleme in diesem Zusammenhang in der Gesellschaft und in Familien zunehmen werden.

«Fast alle wollen wieder zurück»

Im Gespräch mit den Geflüchteten stellt Marek fest, dass praktisch alle wieder zurück in ihr Land wollen, um es gemeinsam wiederaufzubauen. Er bekräftigt: «Unser Ziel ist, die Menschen hier nicht nur mit dem Nötigsten zu versorgen. Sie sollen auch viel lernen und es dann in ihrem Land einbringen können.» Scheinbar banale Dinge wie das Trennen des Abfalls, könne später beim Aufbau ihres Landes hilfreich sein, ist Marek Wnuk überzeugt. Abschliessend sagt er: «Wir wünschen uns, dass die Menschen aus der Ukraine als Befähigte, als starke Säulen zurückkehren. Das ist mein Bild der Hoffnung für die ukrainischen Frauen, Kinder und Familien!»

Zur Person

Wo ist dein Lieblingsplatz in der Region?
Standflüeh in der Nähe von Faltschen.

Wie entspannst du dich nach einem anstrengenden Tag?
Abendflug mit dem Gleitschirm oder eine kleine Velotour – aktiv draussen.

Welches Buch hast du aktuell auf dem Nachttisch?
«Mirror» von Karl Olsberg. Ich lese gern Science-Fiction. Mir gefällt das Vorstellungsvermögen der Menschen, wie sie unsere Zukunft sehen.

Auf welche App möchtest du auf keinen Fall verzichten?
SBB

Wofür bist du in deinem Leben dankbar?
Für meine Familie. Meine Kinder haben untereinander eine sehr schöne Beziehung. Wenn ich das mitbe- komme, wie sie miteinander reden und Zeit verbringen, dann bin ich richtig dankbar.

Was war das Mutigste, das du jemals gemacht hast?
Mich bei Schlägereien einzumischen. Wenn du hinstehen und «Stopp!» sagen musst ... Das braucht Überwindung.

Autor: Florian Wüthrich / Hanna Krückels
Quelle: HOPE-Regiozeitungen