Auf Wasser folgt Feuer
Melissa Forrer kommt 1981 als Tochter eines Versicherungsfachmanns und einer Künstlerin in Wettingen AG zur Welt. Mit ihrer sieben Jahre älteren Schwester verbringt sie eine glückliche Kindheit. Kurz nach Melissas Lehrstart als Coiffeuse beschert ihr eine Allergie auf Haarspray heftige Atemprobleme – und erstickt ihren Berufswunsch. Melissa erinnert sich: «Lange Zeit versuchte ich es erfolglos mit Medikamenten. 1997 kam ich notfallmässig ins Spital, schrammte am Tod vorbei. Es blieb mir keine andere Wahl, als die Lehre nach zweieinhalb Jahren abzubrechen.»
Herzklopfen
Einige Jahre arbeitet Melissa in einem Büro. Auch das unstete Leben als Springerin bei einer Buchhandelskette entspricht ihr nicht. Als man ihr den Posten als Teamleiterin einer Filiale anbietet, geht für Melissa die Sonne auf – und 2001 das Herz! Der Kollege einer Mitarbeiterin verdreht ihr den Kopf. «Claude konnte so gut zuhören, der Funke sprang sofort», schwärmt Melissa. Die beiden heiraten 2005.
Kurz zuvor begleitet sie ihre Schwester an einen kirchlichen Anlass: «Meine Tränen flossen in Strömen. Ich konnte das Geschehen nicht einordnen, war ergriffen von den Worten des Pastors und der Warmherzigkeit der Menschen. Am Schluss folgte ich dem Aufruf nach vorne und liess für mich beten. Ich lud Jesus in mein Leben ein. Bis Claude diesen Schritt tat, vergingen elf Jahre, das kostete mich viel Geduld…» Diese zahlte sich aus. Seit einiger Zeit coachen und begleiten Melissa und Claude Ehepaare in ihrer Kirche. Dazu Melissa: «Durch unsere Arbeit wachsen und reifen auch wir in der Beziehung zueinander und zu Gott. Ich habe von Anfang an erlebt, dass Jesus an meiner Seite ist, dass er mich auch auf Durstrecken und in schwierigen Situationen nicht im Stich lässt.»
Feuer!
Eine besonders «schwierige Situation», ein dramatisches, unvergessliches Jahr erlebt Melissa 2015. Unterdessen ist sie Mutter zweier Kinder, damals acht und zehn Jahre alt. Familie Forrer ist vor kurzem in ihr selbstgebautes, grosses Haus eingezogen. Melissa erzählt: Im Januar hatten wir einen massiven Wassereinbruch in Keller und Garage und mussten uns von so manchen Dingen trennen – an Weihnachten stand das Haus in Flammen. Wir waren in den Gottesdienst gefahren und ich hatte vergessen, die Kerzen des Adventskranzes zu löschen…» Mit Löschen schwer beschäftigt ist an jenem 25. Dezember 2015 die Feuerwehrtruppe – Kollegen von Claude.
Verschont
Melissa fährt fort: Ich flehte sie an, unsere kleinen Hunde herauszuholen. Den einen fanden sie, der andere hatte sich unterm Bett verschanzt. Da stürzte sich Claude ohne Schutzkleidung ins rund 300 Grad heisse Gebäude. Kurz darauf trug er unser Hündchen wie ein Held aus dem Haus. Es ist ein Wunder, dass die Hunde leben!» Das nächste Wunder erlebt die Familie, als sie das ausgekühlte Zuhause nach heilem Hab und Gut durchforstet. Dazu Melissa: «Alles war grau und bis zur Unkenntlichkeit geschmolzen – nur nicht die Dinge mit christlichem Bezug wie Krippe, Kreuz und Bibel. 'Wow!', dachte ich damals – 'Gott, du bist stark!'
Im gleichen Atemzug fragte ich ihn, weshalb er den Brand nicht ganz hätte verhindern können… Ich habe bis heute keine Antwort darauf.» Auch die Frage, weshalb Gott ihnen kein grünes Licht für die ersehnten Pflegekinder gab, kann Melissa nicht beantworten. «In einer Predigt habe ich einmal gehört, Hindernisse und Umwege in unserem Leben seien wie Schnörkel – Verzierungen. Sie verschönern uns, putzen unseren Charakter heraus. Da ist Vertrauen gefragt. Gott weiss, was das Beste für uns ist, ich möchte seinem Plan für mein Leben folgen.»
Engagiert
Auf den Hausbrand folgen Hoffen und Bangen. Die Versicherungen schieben sich die heisse Kartoffel gegenseitig zu. Auch die provisorischen, engen Wohnverhältnisse, fehlende Alltagsgüter und Privatsphäre stellen das Familien- und Eheleben auf die Probe. «Die Zeit kam mir vor wie eine Ewigkeit», sagt Melissa «Es war hart. Man steht auf einmal da mit nichts, ausser den Kleidern am Leib. Viele Freunde und Leute aus dem Dorf und unserer Kirche haben uns geholfen. Das hat mich sehr berührt – und wenn's ein simpler Kaffeelöffel war… Wir haben jeden Tag gespürt, dass Gott uns versorgt.»
Nach drei Monaten geschieht erneut ein Wunder: Frisch sandgestrahlt steht das Haus von Familie Forrer wieder zum Einzug bereit. Das Dach hatte den Flammen standgehalten und die Versicherungen übernahmen den Schaden grösstenteils. Nicht sandgestrahlt, liebevoll geschliffen, bemalt und kunstvoll beschriftet sind die pastellfarbenen Holzschilder und -kisten, die Melissa seit einigen Jahren kreiert und verkauft. «Hope mit Liebe» nennt sie ihre kleine Werkstatt. Ein Teil davon kommt der «Kinderoase» zu, einem Projekt für sozial benachteiligte Kinder in Zürich.