Rekord an Blasphemie-Anzeigen in Pakistan
Laut dem Jahresbericht des «Center for Social Justice» (CSJ) entfielen von den 344 neuen Fällen 70 Prozent auf muslimische Angeklagte, 6 Prozent auf Christen, 9 Prozent auf Hindus und 14 Prozent auf Mitglieder der Ahmadiyya, einer Gruppierung, die sich selbst als Teil des Islam bezeichnet, von den meisten Muslimen aber nicht als islamisch angesehen wird.
«Die offensichtliche Instrumentalisierung der Blasphemiegesetze hat zu Verfolgung, religiöser Intoleranz und weitreichenden Menschenrechtsverletzungen geführt», heisst es in dem Bericht.
Mobs übten Selbstjustiz
Im Laufe des Jahres wurden zehn der Blasphemie angeklagte Personen von Einzelpersonen oder aufgebrachten Menschenmengen aussergerichtlich getötet.
Insgesamt, so der Bericht, wurden in Pakistan zwischen 1987 und 2024 mindestens 2'793 Personen der Blasphemie beschuldigt. 54 Prozent der Angeklagten waren Muslime, 30 Prozent Ahmadis, elf Prozent Christen und drei Prozent Hindus. Bei weiteren drei Prozent konnte die Religionszugehörigkeit nicht festgestellt werden.
Zwischen 1994 und 2024 wurden mindestens 104 Menschen wegen Blasphemievorwürfen aussergerichtlich getötet, darunter 67 Muslime (64 Prozent), 26 Christen (25 Prozent), sieben Ahmadis, ein Hindu und ein Buddhist. Bei zwei Getöteten blieb die Religion unbekannt.
Angesichts der Tatsache, dass in Pakistan 96,5 Prozent Muslime (einschliesslich Ahmadis) leben, ist dies eine massive Überrepräsentation verschiedener Minderheiten. Auf dem Weltverfolgungsindex von Open Doors, der die schwierigsten Orte für Christen weltweit auflistet, steht das Land auf Platz acht.
Zwangskonversionen
In Bezug auf Zwangskonversionen von Mädchen und Frauen aus Minderheiten verzeichnet der CSJ-Bericht zwischen Januar 2021 und Dezember 2024 mindestens 421 Fälle in Pakistan.
Unter den Opfern waren 282 Hindu-Mädchen, 137 Christinnen und zwei Sikh-Mädchen. 71 Prozent der Betroffenen waren minderjährig – davon 22 Prozent unter 14 Jahren, 49 Prozent zwischen 14 und 18 Jahren, nur 13 Prozent waren volljährig, bei 16 Prozent konnte das Alter nicht festgestellt werden.
Der Bericht weist auch auf diskriminierende Haftbedingungen hin: So werden Angehörigen von Minderheiten Hafterleichterungen verweigert, die muslimischen Gefangenen gewährt werden. Ausserdem enthielten Schulmaterialien in nicht-religiösen Fächern weiterhin islamische Inhalte, was die Rechte nicht-muslimischer Schüler verletze.
Darum geht es
Am häufigsten wurde im vergangenen Jahr Artikel 298-A des Blasphemiegesetzes angewandt, der sich auf die Verunglimpfung heiliger Persönlichkeiten bezieht, darunter die Familie, Ehefrauen und Gefährten des Propheten Mohammed und der vier Kalifen. Dies kann mit bis zu zehn Jahren Haft bestraft werden. Im vergangenen Jahr wurden 128 Personen auf der Grundlage dieses Paragraphen angeklagt.
Am zweithäufigsten wurde Paragraf 295-A (Verletzung religiöser Gefühle) mit 106 gemeldeten Fällen missbraucht, heisst es in dem Bericht weiter. Weitere häufig angewandte Paragraphen waren § 295-B (Schändung des Korans) und § 295-C (Beleidigung des Propheten).
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