Er will Hoffnung und Heilung bringen
Carlos Santanas Musik-Alben tragen Namen wie «Abraxas», «Welcome», «Blessings And Miracles» oder das aktuelle «Oneness». Von ihnen hat er auch einige am Freitag letzter Woche am Montreux Jazz Festival (MJF) gespielt.
Carlos Santana (soeben 78jährig geworden) lässt seine Gitarre sprechen, aber wenn er etwas sagt, hat es umso mehr Gewicht. Gleichberechtigung, Sorgetragen zur Umwelt und Gerechtigkeit sind ihm besonders wichtig.
Hier gibt’s unter anderem ein geistliches Update zu Santana und was es mit Gott als Liebe, einem drehenden Barhocker, Jesus, seinem Lebensretter und dem Kaugummi zwischen seinen Zähnen auf sich hat.
Der Hippie und seine Liebe zu Montreux...
Die Open Air Stimmung war an diesem Abend bei Sonnenuntergang fast nicht zu toppen. Santana kehrte an den Ort zurück, wo am 20. Juni 1970 eine spezielle Liebesgeschichte begann – damals, weniger als zwölf Monate nach seinem weltweiten Durchbruch beim «Woodstock Festival».
«Wir waren damals Hippies und ich bin heute noch ein Hippie», war einer seiner raren Aussagen am Konzert. Er machte es sich zwischendurch auf einem Barhocker gemütlich, den er auch drehen konnte und worauf er sein überwältigendes Gitarrenspiel zum Besten gab. Zudem widmete der Kaugummi-Kauer die Lieder dem MJF-Urvater Claude Nobs, was auch einiges aussagt. Das permanente Kauen zeigte sein aktives Wesen, das auch bei coolen Posen stets in Bewegung war.
Nebst vielen Werten, die den damaligen Langhaarigen wichtig waren, und die Santana selber als Aktivist vertritt, ist seine Musik nicht in Woodstock stecken geblieben, sondern feiert immer wieder eine zeitgemässe Wiedergeburt; Beispiele sind «Africa Speaks» (2019) mit der Bezeichnung «Bestes Album seit Dekaden»; oder dem «Blessings and Miracles»(2021), welches damals als «Bestes Amerikanisches Songwriter-Album des Jahres» betitelt wurde.
… und der wiedergeborene Christ
Carlos Santana berichtet, dass er ein Bekehrungserlebnis hatte und «wiedergeborener Christ» wurde. Beim Betrachten eines Jesus-Bildes habe er ihn um Hilfe angefleht und Antwort erhalten.
«Du musst durch die dunkelste Nacht deiner Seele gehen, um zum hellsten Tag des Lichtes zu kommen», sagte er zum «Gospel Herald»; plus, dass er es nur durchs Vertrauen zu Gott schaffte, aus seiner starken Depression zu kommen. Besonders das Verlassen seiner damaligen Ehefrau nach 34 Ehejahren, verstärkten diese. Denn er hatte bereits als Zehnjähriger Missbrauch in der Familie erlebt. Ganze sieben Selbstmordversuche hatte Santana überlebt. «Jesu Stimme gab mir nicht nur Hoffnung, sondern Überwindung der Depression», erzählte er und fügte an, dass «die Freude Jesu mir so viel gab, was mir nicht mal die Musik geben kann – ich war wieder fähig, Freude zu empfinden.»
Gleich stark entdeckte der spirituelle Musiker im christlichen Glauben die Kraft der Vergebung und sieht sich nun selber als ein Botschafter, der durch seinen Sound Hoffnung und Heilung säen will.
Zusammen mit anderen ist er stark...
Zusammenarbeit mit weiteren christlichen Musikern wie Robert Randolph, P.O.D. oder B.B. King waren fixer Bestandteil seiner Kooperationen. Besonders Gnade und Dankbarkeit sind Santana wichtig, so sagte er einmal: «…so wie es Desmond Tutu, Mutter Theresa und der Dalai Lama getan haben. Manche Menschen kommen auf diesen Planeten, um Einheit und Harmonie zu bringen. Damit kann ich mich als Musiker identifizieren. Ich bin Bob Marley, und Bob Dylan. ‘One Love’, und ‘Blowing in the Wind‘, das lebe ich.»
Am Schweizer Konzert schlug er ähnliche gesellschaftliche Töne an: «Es gibt keine Zukunft ohne Vergebung. Jede Stadt kann in Harmonie leben. Und wir haben die Kraft, um diesen 'dummen Mist' zu ändern, den Putin und China machen.» (frei vom Englischen übersetzt)
… und kann helfen
Der Latinrock-Begründer, der sich selber aus den Fängen eines Gurus befreien konnte, hatte sich über die Jahre vielfältig eingesetzt und beispielsweise den «One x One’s Difference Award» erhalten, der für Kampf gegen Kinderarmut und -leiden steht.
Zudem meinte er rund um eine Grammy-Verleihung und das Album «Blessings And Miracles»: «Es ist ein göttlicher Versuch, Leuten zu einem tiefen Verständnis von Selbstwert zu verhelfen. Da draussen hats viele Leute mit kleinem Selbstvertrauen», und ergänzte: «Mystische, heilende Musik für eine verdrehte, gekrümmte Welt, die mit Angst, Dunkelheit und Spaltung infiziert ist.»
Preisgekrönter Latinrock
Mit seiner musikalischen Gabe, die er als göttliche Berufung sieht, begeisterte Santana mit seiner Band letzte Woche ein rund 5000-köpfiges Publikum. Tatsächlich machte «Woodstock» mit «Soul Sacrifice» den Start, worauf rund acht Lieder mit meist älteren Klassikern wie «Oye Como Va» folgten. Dann lud «Maria Maria» zum Tanzen ein und Carlos Frau Cindy Blackman trumpfte mit zwei Soli auf, die ihr bombastisches Können ins Publikum powerten. Ein Bass-Solo wiederum nahm Coversongs auf, wobei vor allem «Smoke On The Water» rausstach, das an einem MJF durch Deep Purple entstand.
Typisch: Der Welthit «Oye Como Va» wurde mit Musikern über die ganze Welt vernetzt eingespielt: Carlos und Cindy in Hawai – plus Kongo, Panama, Bahrain, Kalifornien, Uruguay und sogar ein Waschbrett-Spieler aus New Orleans.
1999 war ein weiterer musikalischer Meilenstein. Es gelang ihm mit seiner Band ein eindrückliches Comeback. Das Album «Supernatural» wurde ein weltweiter Erfolg, und Santana erhielt bei der Grammy-Verleihung des Jahres 2000 acht Auszeichnungen, was bis dahin nur Michael Jackson 1984 mit Thriller erreicht hatte. Später räumte Santana als Bandleader und Solokünstler zahlreiche weitere Musikpreise ab.
Gott ist die Liebe
2020 sagte der Guitar-Hero bei classicrock.net auf die Frage, ob er an Gott glaube: «Ich glaube an die Liebe. Gott ist Liebe. Er hat viele Namen, aber Liebe ist der eigentliche.»
Carlos Santana, der sich zwischen den Jesus-People und Hippies bewegt, wird auch zukünftig seine Botschaften von Frieden, Versöhnung und Heilung weitertragen. Auch, wenn er sich nicht nur auf Jesus begrenzen mag, wird wohl die lebensrettende Berührung Gottes einen festen Platz tief in seinem Herzen haben – und hoffentlich immer wieder etwas davon auf das Publikum überspringen.
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