Donnerstag, 2. Mai 2024

Chanukka: Heute besonders wichtig

Die Menora, der Kerzenleuchter, wird an Chanukka angezündet.
Eigentlich ist Chanukka das jüdische Fest der Freude und des Lichtes. Eigentlich. Denn vielen Juden ist gerade nicht nach Feiern zumute. Gerade deshalb ist die Botschaft der Festtage dieses Jahr besonders wichtig.

Nach unserem Kalender findet das Chanukkafest 2023 vom 7. bis 15. Dezember statt. Nach dem Vorabend, dem Erew Chanukka, wird jeden Abend eine weitere Kerze auf dem Chanukkia angezündet. Jüdische Familien entzünden diesen neunarmigen Leuchter jeweils nach Einbruch der Dunkelheit, bis am Ende alle acht Kerzen brennen (der neunte Arm des Leuchters ist für die Dienerkerze gedacht, an der man die anderen Kerzen anzündet). Dazu werden Lieder gesungen und es wird gespielt – ähnlich wie die christliche Advents- und Weihnachtszeit soll diese Zeit von Freude und nicht von Arbeit geprägt sein. Doch dieses Jahr ist einiges anders.

Ein Zeichen gegen die Angst

Juden, die in Deutschland leben, sind nicht direkt vom Krieg in Gaza betroffen. Doch die Auswirkungen sind auch hierzulande deutlich. Bereits Mitte Oktober wies der Deutsche Kulturrat darauf hin, wie stark der Antisemitismus um sich greife: «Synagogen und Gemeindehäuser jüdischer Gemeinden werden bedroht, in Berlin mit Molotowcocktails beworfen. Häuser, in denen Juden leben, werden mit Davidsternen gekennzeichnet. Das Holocaust-Mahnmal in Berlin muss polizeilich bewacht werden. Eltern wagen kaum noch, ihre Kinder in jüdische Kindergärten oder Schulen zu schicken. Jüdinnen und Juden verbergen ihre Kippa oder den Davidstern, da sie Angst vor Angriffen haben.»

An diesem Klima hat sich in den letzten beiden Monaten nichts geändert. Umso wichtiger sind Signale wie das zu Beginn des Chanukkafestes in Berlin, als Bundeskanzler Olaf Scholz beim Entzünden des grossen Leuchters vor dem Brandenburger Tor sprach: «Wir nehmen es nicht hin, wenn jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger Angst haben müssen, offen ihre Religion, ihre Kultur, ihren Alltag zu leben, wenn sie ihr grundlegendes Recht wahrnehmen, sichtbar zu sein – ein Recht, das alle Menschen in unserer Gesellschaft haben, ohne Unterschied.» Rabbiner Yehuda Teichtal aus Berlin ergänzte: «Gerade in diesem Jahr, nach dem Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober, ist es wichtiger denn je, eine Einheit zu sein und der Dunkelheit des Terrors mit Licht zu begegnen.»

Ein Zeichen der Hoffnung

So volkstümlich das Chanukkafest auch ist, es war schon immer eher politisches Zeichen als biblisches Fest. Vor knapp 2'200 Jahren konnten die Juden ihre Hauptstadt aus den Händen der griechischen Besatzer zurückerobern. Antiochus Epiphanes, übersetzt «der Erscheinende» (Gott), hatte damals nicht nur den Tempel geplündert und Götterstandbilder dort installiert, sondern für Juden unreine Schweine hindurchtreiben lassen. Die Juden reinigten den Tempel wieder, doch es gab nicht genug Öl, um die Menora, den siebenarmigen Leuchter, darin zu betreiben. Die Legende besagt, dass das Öl trotzdem acht Tage lang reichte, bis neues geweiht war. Damit fand bereits das erste Chanukkafest eher in düsteren Zeiten statt. Damals war es ein Zeichen der Hoffnung: Gott lässt sein Volk nicht im Stich! In diesem Sinne entfaltet das Fest seine Botschaft dieses Jahr in ähnlicher Bedrängnis: Es bringt Licht ins Dunkel, Freude trotz Schwierigkeiten und Wärme in die Kälte der Zeit.

Ein Zeichen für die Freude

Die sprichwörtliche Freude an Chanukka braucht ein gewisses Mass an Öffentlichkeit. «Man sollte den Kerzenleuchter immer ins Fenster stellen, damit auch die Aussenwelt Freude an dem Licht hat», erklärte Renate Wagner-Redding, Vorsitzende der jüdischen Gemeinde Braunschweig, im NDR. Während die Kerzen brennen, wird gesungen und gegessen. Dabei kommt traditionell Fettgebackenes auf den Tisch: also Kartoffelpuffer (Latkes), Krapfen (Sufganiyot) und weitere Spezialitäten. Anschliessend wird mit dem Sewiwon gespielt, das ist ein vierseitiger Kreisel, auf dessen Seiten jeweils ein hebräischer Buchstabe steht. Zusammen genommen stehen sie für die Abkürzung von «Ein grosses Wunder geschah hier». Die Kinder erspielen sich damit Geschenke – und längst nicht nur solche zum Kaufen. Die acht Abende stehen im Zeichen der Freunde und guten Laune. Auf die Frage, ob man in schlimmen Zeiten fröhlich feiern könnte, antwortete Wagner-Redding: «Aus Trotz schon allein, weil es zur jüdischen Identität dazuzählt, dass man eben auch Chanukka feiert und sich nicht davon abhalten lässt.»

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Autor: Hauke Burgarth
Quelle: Livenet

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