Fünf Prinzipien gegen den Chancentod

Es wird immer schwieriger, ehrenamtliche Mitarbeiter zu finden (Symbolbild)
Das Ehrenamt steckt in der Krise. THW, Freiwillige Feuerwehr und Kirche – sie alle suchen verzweifelt Ehrenamtliche. Da nun aber gemeindliches Engagement ohne ehrenamtliche Mitarbeit gar nicht funktionieren kann, braucht es einen Gegentrend.

Das Ehrenamt steckt in der Krise. THW, Freiwillige Feuerwehr oder auch der Handball und auch Gemeinde, Jugendarbeit und Kirche – sie alle suchen verzweifelt Ehrenamtliche, und am besten verbind­liche, verlässliche Ehrenamtliche. Da nun aber gemeindliches Engagement ohne ehrenamtliche Mitarbeit gar nicht, und bei anwachsendem Hauptamtlichen-Mangel erst recht nicht, funktionieren kann, braucht es eigentlich genau den anderen Trend. Hierfür sehe ich fünf Prinzipien als grosse Chance.

1. Suche nicht Mitarbeitende für Arbeit – suche Arbeit für Mitarbeitende

Dies umzusetzen ist nicht immer leicht. Natürlich hat Gemeinde auch Leerstellen, die Engagierte füllen müssen. Leitungspersonen aber sind aufgefordert, Menschen und ihre Persönlichkeit zu fördern, um diese dann gewinnbringend als Mitarbeitende einsetzen zu können. Eine solche Haltung lenkt den Blick weg vom Mangel («Ich habe keine Mitarbeitenden») und hin zum Auftrag von Gemeinde («Wie kann ich dich fördern?»).

2. Mache ehrenamtliches Engagement für die persönliche Entwicklung schmackhaft

Ehrenamtliches Engagement in Gemeinde vermittelt, was in Kindergarten, Schule oder Elternhaus nicht vermittelt wird. Kennen wir dieses Potenzial selbst, können wir es potenziellen Ehrenamtlichen um ihretwillen als «etwas, von dem du dein Leben lang etwas haben wirst» schmackhaft machen. Nur ein paar Aspekte: Selbstbewusstsein, Konflikt­fähigkeit, Projektmanagement, vor einer Gruppe sprechen können, Leitung, Organisation, Verlässlichkeit und Verbindlichkeit, Selbst-Reflexion, soziales Handeln... Lebens-Karrieren werden oft in Gemeinde gegründet.

3. Lege die Anforderungslatte für das Ehrenamt nicht zu tief 

Insbesondere junge Ehrenamtliche haben Lust, gefordert zu werden und sich beweisen zu können. Dazu aber müssen überhaupt erst herausgefordert werden. Qualität kommt hier von «Qual» und Bildung durch Überforderung. Das Ehrenamt muss auch anspruchsvoll sein und definierten Qualitätsmerkmalen standhalten: Verlässlichkeit, Pünktlichkeit, Verbindlichkeit, christlich... All dem müssen wir als Anleitende natürlich auch selbst entsprechen können. Vielleicht stinkt hier der Fisch vom Kopf her? Wenn der Schüler bereit ist, erscheint der Lehrer! Das ist zugleich eine Absage an alle Whatsapp-Nachrichten mit einer «Ach, heute komme ich doch nicht...»-Nachricht.

4. Mache die Vision der Gemeinde zur Vision des Ehrenamtlichen

Das Bewältigen einer einzelnen Aufgabe sollte immer der gesamten Vision einer Gemeinde entsprechen. Und mit dieser muss sich der Ehrenamtliche verbinden können. Die Vision der Gemeinde muss auf der Bühne immer wieder bekannt gemacht und nicht nur im Hinterzimmer durch den Gemeindevorstand ausgearbeitet werden. Im ICF hörte ich mal: «Ich schiebe keine Kisten durch die Gegend. Sondern: Ich bin im Aufbauteam engagiert, weil es meine Leidenschaft ist, dass Menschen Jesus Christus ähnlicher werden, dass sie furchtlos leben und ihr Umfeld positiv verändern.»

5. Leite Ehrenamtliche

Und ich meine wirklich: Leite Ehrenamtliche. Halte persönlichen Kontakt zu deinen Ehrenamtlichen. Lobe sie. Gib ihnen konstruktives, wertschätzendes Feedback. Führe sie auf einen Kaffee, auf ein Bier, auf ein Essen aus. Geh mit ihnen spazieren. Erkundige dich nach ihrem Wohler­gehen. Ruf sie an. Biete ihnen ebenfalls Persönliches von dir an. Schule sie. Mache ihnen Geschenke, bete für sie, habe sie im Blick, mache sie zu Freunden, bilde sie aus, coache sie, trete für sie ein... Und kom­pensiere als Leiterin oder Leiter alles, was sie nicht schaffen, ohne sie damit in ihrer Aufgabe abzu­lösen. Eben: Leite sie, sei Führungskraft.

Ehrenamtliche sind keine Selbstverständlichkeit (mehr). Sie sind «hartes Geschäft» geworden. Jede und jeder einzelne, der/die fürs Ehrenamt gewonnen wird, ist zu feiern. So müssen wir es, nicht zuletzt, auch geistlich einordnen.

Martin Scott arbeitet als Sprecher, Berater und Mode­rator für die Initiative Wunderwerke. Als Botschafter von Tearfund Deutschland setzt er sich für die Überwindung von Armut in Krisengebieten ein (www.wunder-werke.de).

Zum Thema:
Ehrenamt in der Gemeinde: Warum es schwerer wird, Mitarbeiter zu finden 
Missionsland Schweiz?!: Wenn die Vision grösser ist als wir selbst  
Ehrenamtliche ermutigen: Freiwillig, langfristig und gern in der Gemeinde mitarbeiten

Autor: Martin Scott
Quelle: Magazin 3E 03/2025, SCM Bundes-Verlag

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