«Du bist nicht gut genug!»
«Ständig wird uns gesagt, dass wir nicht gut genug sind», erklärt Dakota Johnson (36) in einem Interview der Vogue. Dabei gehört die US-Schauspielerin und Mode-Ikone durchaus zu den «Schönen und Reichen». Immer wieder thematisieren Prominente diesen Eindruck: Als «nicht gut genug» empfand sich auch die ehemalige Tennis-Profisportlerin Jelena Dokic (42). Das Schweizer Tagblatt berichtet dasselbe von Selena Gomez, Demi Lovato und anderen. Es ist nicht zufällig, dass hier nur Frauen zu Wort kommen. Und es ist auch symptomatisch, dass die Realität – hübsch, reich, erfolgreich – bei ihrer Wahrnehmung eigentlich keine Rolle spielt. Warum ist das so? Wie geht es denn nicht prominenten Frauen und normalen Männern mit der Aussage «Du bist nicht gut genug»? Hält der christliche Glaube hier Antworten bereit oder schlägt er in die gleiche Kerbe?
Im Zeitalter der Selbstoptimierung
Dass eine besonders hübsche Person der Meinung ist, eine hässliche Nase zu haben, ist nicht unbedingt Koketterie. Immerhin vermittelt die Gesellschaft das Bild, dass alle an sich selbst arbeiten können und müssen. Wenigstens online ermöglichen es Photoshop und Insta-Filter, beim äusseren Eindruck ein wenig nachzuhelfen. Dummerweise vergleichen sich die meisten Menschen rein gefühlsmässig «aufwärts», also mit scheinbar perfekten anderen. Sie vergessen, dass auch diese Leute ihre Bilder retuschieren, Tage haben, an denen ihnen zum Heulen zumute ist, und dass sie zwar heute jung sind, aber in zwanzig Jahren zwanzig Jahre älter sein werden. Wenn du einmal tief durchatmest und darüber nachdenkst, hilft das durchaus, dich dieses Systems bewusst zu werden. Eines Systems, das übrigens nicht nur bei «weltlichen» Prominenten gilt, sondern auch bei der typischen Worship-Sängerin oder dem hippen Prediger der Online-Church. Christen denken hier kaum anders als andere Menschen.
Die Aussage ist nicht verkehrt
Ein übersteigertes Selbstbewusstsein, bei dem man sich in allen Punkten als wunderbar und richtig sieht, ist allerdings auch nicht hilfreich. Tatsächlich zitiert Paulus im Römerbrief eine Aussage, die Juden und Christen schon seit den Psalmen begleitet: «Der Herr schaut vom Himmel auf die Menschenkinder, um zu sehen, ob es einen Verständigen gibt, einen, der nach Gott fragt. Sie sind alle abgewichen, allesamt verdorben; es gibt keinen, der Gutes tut, auch nicht einen Einzigen!» (Psalm 14, Vers 2-3) Doch trotz dieser Selbsterkenntnis ist nicht Untergangsstimmung die Folge, sondern die Sehnsucht nach Veränderung und Freude. Auch wenn du die Aussage von Paulus unterschreiben kannst, muss das Ergebnis kein abfälliges Vergleichen sein.
Gott schafft Abhilfe
Ein beschämter Blick auf sich selbst begleitet den Menschen seit den paradiesischen Anfangszeiten. Er fühlt sich nicht wohl in Gottes Gemeinschaft, weicht ihm aus und sagt voller Scham: «Ich fürchtete mich, denn ich bin nackt.» Gott nennt daraufhin die Schuld des Menschen beim Namen, doch er hilft ihm, seine Scham zuzudecken: «Und Gott der Herr machte Adam und seiner Frau Kleider aus Fell und bekleidete sie.» Was für viele wie ein provisorisches Pflaster auf einer Wunde klingt oder gar wie eine für heute belanglose Geschichte, zeigt vielmehr Gottes Umgang mit der Scham. Die ganze Bibel handelt von Gottes Werben um den Menschen – an keiner Stelle reisst er ihm diesen Schutz wieder weg, den er selbst gibt. Gott sieht dich, aber er stellt dich nicht bloss.
Toxisches Denken zurückweisen
In der Bibel ist immer wieder die Rede von menschlichem Versagen, aber Gott reduziert uns als Personen nie auf unsere Defizite. Er lässt uns die Würde als Geschöpf. Das ist keine automatische Antwort auf Schamgefühl, auf den Eindruck, nicht zu genügen, aber es weist in die richtige Richtung:
- Du hast zwar Fehler, aber du bist als Person nicht falsch. Im Gegenteil: Gott liebt dich und nimmt dich an.
- Du bist als Frau nicht falsch, weil Männer oder andere Frauen Massstäbe an dich anlegen, die sie bei sich selbst nicht akzeptieren würden. Vorsicht vor Menschen, die dich mit einem vergifteten Selbstbild beeinflussen wollen.
- Du bist nicht der ungeistlichste Mensch aller Zeiten. Natürlich hast du Fehler und kennst Schuld in deinem Leben – ob sie von anderen oder von dir selbst begangen wird. Aber der strenge Blick mit dem vernichtenden «Das hätte ich gerade von dir nicht erwartet!» ist ein vergifteter Kommentar. Er kommt von anderen oder von dir selbst – nie von dem Gott, der sich von Beginn an hinstellt und sagt: «Lass mich dir helfen, deine Scham zuzudecken. Und dann gehen wir weiter…»
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