Angst und Schweigen in Kolumbien

Der Druck auf Christen in Kolumbien steigt.
Ein kleines Dorf in Kolumbien ist in Angst und Schrecken, weil acht Bewohner – darunter sieben protestantische Kirchenleiter und -mitglieder – verschwunden sind, nachdem sie «Einzelgespräche» mit einer Guerillagruppe geführt hatten.

Die meisten der Vermissten gehören der Denomination der «Evangelical Alliance of Colombia Denomination» (DEAC) und der «Foursquare Gospel Church» (ICCG) an.

Unter ihnen sind Nixon Peñalosa, Schatzmeister der DEAC und Präsident des Gemeinderats von Agua Bonita, sowie Maryuri Hernández, ehemalige Pastorin der ICCG. Sie stammen aus dem Dorf Agua Bonita in der Gemeinde Calamar im Departamento Guaviare und waren zuvor bereits aus dem Departamento Arauca vertrieben worden – einer Region, in der bewaffnete Gruppen gewaltsam gegen Kirchen vorgehen und Gottesdienste unterbinden.

Zuletzt wurden sie am 4. und 5. April gesehen, nachdem sie von einer illegalen bewaffneten Gruppe zu Einzelgesprächen gerufen worden waren.

«Fall abgeschlossen»

Familienangehörige, die zunächst versucht hatten, ihre Angehörigen zu finden, wurden später gewarnt, die Suche einzustellen, und angewiesen, den «Fall als abgeschlossen» zu betrachten.

Lokale Quellen berichteten der Organisation «Christian Solidarity Worldwide» (CSW), dass einige Familien aufgrund der zunehmenden Drohungen und der Angst vor Vergeltungsmassnahmen erwägen, die Region zu verlassen.

Die Vorfälle haben neue Besorgnis über die sich verschlechternde Sicherheitslage in Guaviare ausgelöst, wo Splittergruppen der Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens (FARC) trotz des Friedensabkommens von 2016 weiterhin aktiv sind.

Selbstzensur ist überlebensnotwendig

Zu diesen bewaffneten Gruppen gehören unter anderem der Zentrale Stab der Blöcke und Fronten (EMBF) sowie der Zentrale Generalstab (EMC), die für ihre Kontrolle über die Gemeinde Calamar und ihre Einschränkungen religiöser Versammlungen bekannt sind. Lokale Pastoren müssen oft die Erlaubnis dieser Gruppen einholen, um Gottesdienste abzuhalten, und sind gezwungen, bestimmte Themen in Predigten zu vermeiden. Selbstzensur ist überlebensnotwendig.

Diese Angriffe auf Christen in Kolumbien sind nicht neu: So wurde am 8. Januar der 28-jährige protestantische Kirchenleiter Iván García in einem gezielten Angriff sechs Mal angeschossen, als er mit seiner Frau und Stieftochter von einer Gemeindeveranstaltung nach Hause ging.

Angriffe durch Guerilla-Gruppen

Ein ähnlicher Angriff ereignete sich zwei Wochen zuvor, bei dem Pastor Marlon Lora und seine gesamte Familie getötet wurden.

Der Präsident der DEAC, Pastor Fabian Cárdenas, fordert die Behörden auf, dringend Massnahmen zu ergreifen, um die Vermissten zu finden – vier von ihnen gehören seiner Konfession an.

Seinem Appell schliesst sich der Bürgermeister von Calamar, Farid Castaño García, an, dessen Forderungen nach einer Sitzung des nationalen Sicherheitsrates bislang unbeantwortet blieben. Seit dem 9. April versammeln sich die beiden Gemeinden täglich zum Gebet.

Christen unter Druck

In einem Gespräch mit CSW sagten sie: «Die Angst sitzt uns allen im Nacken. Auch wenn wir darauf vertrauen, dass Gott gerecht ist und uns niemals verlässt, gibt es Umstände, wie den Tod unserer Brüder und Schwestern, die geschehen können.»

Scot Bower, Geschäftsführer von CSW, forderte Präsident Gustavo Petro zum Handeln auf: «Wir fordern Präsident Gustavo Petro auf, umgehend Massnahmen zu ergreifen, um das Schicksal und den Aufenthaltsort der acht verschwundenen Personen aus Agua Bonita, die am 4. und 5. April gewaltsam verschleppt wurden, zu klären.»

Seit Jahren finden sich auf dem Weltverfolgungsindex von «Open Doors» auch lateinamerikanische Länder. Während Kuba (Rang 26) und Nicaragua (Rang 30) aufgrund totalitärer Diktaturen auf der Rangliste zu finden sind, liegen Mexiko (Rang 31) und Kolumbien (Rang 46) insbesondere wegen Drogenkriminalität auf diesen Plätzen. Protestantische Christen meiden beispielsweise Korruption und bauen Drogen-Reha-Zentren, was den Guerilla und kriminellen Banden ein Dorn im Auge ist.

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Autor: Obianuju Mbah / Daniel Gerber
Quelle: Christian Today / ergänzte Übersetzung: Livenet

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