Hier spricht der Komponist über Stolz und Gegründetsein
Christliche Musik erlebt derzeit einen Boom. Die Streams von Worship-Songs sind in den letzten fünf Jahren um 60 Prozent gestiegen. Eine andere Studie ergab sogar, dass mehr Menschen christliche und Gospelmusik hören als Jazz und Klassik zusammen. Das Musikmagazin Billboard titelte kürzlich: «Christliche Musik feiert ein ernstzunehmendes Comeback.»
Für die meisten Christen war sie ohnehin nie verschwunden. Viele sind es gewohnt, Sonntag für Sonntag Worship-Hymnen voller Inbrunst mitzusingen. Zwei der bekanntesten in den vergangenen Jahren waren «Good Good Father» und «Build My Life», beide stammen von Pat Barrett.
Selbstvermarktung oder Selbstverleugnung
Heute stellen sich grosse Fragen an christliche Musiker: Wie können Lobpreisleiter die geistlichen Fallstricke vermeiden, die mit Ruhm und weltweiten Tourneen verbunden sind?
Pat Barrett ringt offen mit der Spannung zwischen Selbstvermarktung auf Social Media und Jesu Ruf, sich selbst zu verleugnen und das Kreuz auf sich zu nehmen. «Die meisten Leute, die ich kenne, führen dieses Gespräch regelmässig», sagt er.
Zusammen mit anderen begann Pat Barrett im Alter von 14 Jahren, Worship-Musik zu schreiben. «In unserer Highschool entstand so etwas wie eine kleine Erweckung – Freunde kamen zum Glauben, und Musik spielte dabei eine riesige Rolle. Es war komplett improvisiert: ‘Wer hat eine Gitarre? Treffen wir uns draussen auf der Wiese!’ Heute frage ich mich: Wie wäre es für uns gewesen, wenn schon damals ständig eine Kamera auf uns gerichtet gewesen wäre? Ehrlich gesagt weiss ich nicht, ob mich das ermutigt oder entmutigt hätte. Denn die ersten Jahre waren geprägt vom Scheitern – es klang nicht toll, sah nicht toll aus, aber das war nicht entscheidend.»
Alles muss kameratauglich sein
Heute bleibt kaum Raum für Entwicklung und geistliche Formung, beobachtet Pat Barrett. «Jeder muss sofort ‘kameratauglich’ sein. Für mich war das damals nicht der Fall – und das war ein Segen.»
Natürlich sei nicht alles schlecht bei Social Media. «Aber ich hoffe, wir verlieren nicht den Raum, in dem wir unbeobachtet sind. Die wichtigsten Momente im Leben werden nie von einer Kamera eingefangen: Die Kämpfe im Glauben, die Gespräche mit Mentoren, die Begleitung durch eine Gemeinschaft. Das sind ‘kamerascheue’ Momente.»
Jesus warnte ausdrücklich davor, Glauben für das eigene Ego zu nutzen, erläutert Pat Barrett. «Es schadet Herz und Geist, wenn wir uns ständig ins Zentrum stellen oder meinen, wir seien die Hauptperson im Raum. Wenn man übt, sich zurückzunehmen, täglich ‘zu sterben’, dann kreisen die Gedanken nicht mehr nur um mich, mich, mich.»
«Gott vergib, wenn wir Lobpreis mit Showbusiness verwechseln»
Pat Barrett arbeitet an einem neuen Album, der erste Song trägt den Titel «My Father’s Business». Der Refrain lautet: «Gott, vergib uns, wenn wir es Lobpreis nannten, aber es Showbusiness war … Entfache die Flamme von Heiligkeit und echter Umkehr. Reinige unsere Herzen, damit wir das Werk unseres Vaters tun.»
Pat Barrett erklärt: «Oft ist unser höchstes Ziel, unser eigenes Ding, unseren Namen, unsere Marke oder unsere Karriere aufzubauen. Aber Nachfolge ist einfach – und zugleich unglaublich schwer. Jesus spricht in der Bergpredigt ganz bewusst menschliche Reflexe an: ‘Haltet die andere Wange hin’. Das ist nichts, was man automatisch tut. Man muss es einüben.»
Pat Barrett ist weltweit bekannt für «Good Good Father» und «Build My Life». Millionen haben diese Songs gesungen. Manche erklären den Erfolg mit Gottes besonderem Segen, andere mit Marketingbudgets in Millionenhöhe. Barrett bilanziert: «Hättest du mich vor zehn Jahren gefragt, hätte ich wahrscheinlich sehr ‘geistlich’ geantwortet. Heute sage ich: Gott haucht ständig Dinge an, die nie populär werden. Erfolg oder Reichweite mit Segen gleichzusetzen, ist ein falscher Blickwinkel. Ich habe gemerkt: Manche Dinge habe ich über-spiritualisiert, andere unter-spiritualisiert. Zum Beispiel die Bühne: Wir stellen sie oft auf ein Podest. Aber der Boden davor ist für Gott genauso heilig.»
Wunder im Alltag entdecken
Pat Barrett betont, dass das Reich Gottes darin besteht, in allen Bereichen des Lebens Erfüllung und Sinn zu finden. «Jesus weiss, wie es ist, sieben oder 13 Jahre alt zu sein. Wenn Gott bereit ist, daran teilzuhaben, sollten wir es auch. Dann wird selbst das Alltägliche zum Wunder: Dein Herzschlag, dein Atem, Frühstück mit den Kindern. Und später am Abend das Festival. Gott liebt beides – nicht das eine mehr als das andere.»
Weiter betont er, dass Worship eine Entscheidung sei, wenn sie einem gerade schwerfalle: «Worship ist eine Entscheidung, ähnlich wie die Ehe eine Entscheidung ist. Manchmal fühlt es sich nicht natürlich an. Die Psalmen erlauben mir, ungeschminkt ehrlich zu Gott zu sein; also auch mit Fragen, Enttäuschungen, Schmerz. Gott ist auch in den harten Dingen; er ist da, wenn etwas schiefgeht oder ein Event misslingt. Das befreit von einem erfolgsabhängigen Glauben und ermöglicht, einfach bei Gott zu sein und dies mitten in dem, was ich gerade empfinde. Gott erwartet keine falschen Emotionen. Er will echte Gemeinschaft, mitten in allem, was wir erleben.»
Musik aus Leid und Schmerz
Viele bekannte Kirchenlieder entstanden in Zeiten tiefen Leids: Horatio Spaffords «It is well with my soul» wurde nach dem Verlust seiner Familie komponiert oder Matt und Beth Redmans «Blessed be your name» nach einer Fehlgeburt.
Pat Barrett erklärt: «Diese Lieder sind wie Gastfreundschaft: Die Autoren haben uns an ihrem Tisch Platz nehmen lassen und uns Worte für unser eigenes Leid geschenkt. Das ist das Beste, was Musik leisten kann: Anbetung für Gott und Ermutigung für Menschen.»
Als «Good Good Father» noch nicht veröffentlicht war, hörte Pat Barrett eines Morgens im Gebet in seinem Herzen: «Glaube nicht den Hype.» Damals gab es noch keinen Hype, aber er merkte sich dies. «Wenige Monate später begann der Song sich zu verbreiten. Da hörte ich dieselbe leise Stimme: ‘Glaube nicht den Hype. Schreib einfach weiter deine Songs.’ Wenn Menschen dir eine Krone aufsetzen, musst du sie an Jesus zurückgeben. Dies nicht in falscher Bescheidenheit, sondern ehrlich. Matt Redman hat es einmal so gesagt: ‘Ist etwas Gutes passiert? Gott, das warst du.’ Und dann gibt er es Gott zurück.»
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